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RPA zur Automatisierung von Prozessen einführen

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Wiederholende Tätigkeiten sind der Alltag in vielen Büros. Diese Tätigkeiten umfassen häufig wiederkehrende Eingaben in die Betriebssoftware und sind demotivierend. Solche Prozesse lassen sich heute gut automatisieren.

Eine dafür vielversprechende Technologie ist die robotergesteuerte Prozessautomatisierung – kurz RPA. Sie kann Dir helfen, die Prozesseffizienz zu steigern und Kosten bei der Bearbeitung von geschäftlichen Abläufen zu reduzieren. Anstatt dabei die gesamte IT-Landschaft umzukrempeln, erledigen die virtuellen Helferlein vordefinierte Abläufe über die Benutzeroberfläche der Software und imitieren dabei manuelle Tätigkeiten. Ob die Einführung von RPA sinnvoll ist, wird immer eine Einzelfallentscheidung sein und hängt vor allem von den Rahmenbedingungen und gesetzten Zielen ab (ergänzende Erläuterungen findest Du hier).

Willst Du wissen, wie Du RPA in Deinem Unternehmen umsetzen kannst und welche Schritte dazu notwendig sind? Im folgenden Leitfaden erhältst Du ein Vorgehensmodell mit Leitfragen zur Einführung von RPA in Deinem Unternehmen.

1.

Ziele definieren

1.
Die Frage, warum RPA eingesetzt werden soll, ist nicht so leicht zu beantworten. Neben der reinen Kosten-Nutzen-Rechnung gibt es eine Reihe von weiteren Motivationen, die einen Einsatz von RPA interessant machen können (qualitativ vs. quantitativ):
    • Entlastung von Mitarbeiter:innen
    • Motivation von Mitarbeiter:innen erhöhen durch eine Reduzierung lästiger Routinetätigkeiten
    • Abarbeitung großer Datenmengen in kurzer Zeit erforderlich
    • Abarbeitung in Zeiten außerhalb der üblichen Bürozeit erforderlich
    • Bewusstsein für Potentiale von Automatisierung schaffen
    • Prozessqualität erhöhen – RPA macht in der Regel keine Fehler
    • Wettbewerbsvorteile schaffen

2.

Prozesse identifizieren

2.
Zu Beginn jeder Automatisierung stehen Prozesse, die automatisiert werden sollen. Für RPA ist es erforderlich, dass sich ein Prozess mit „Wenn-Dann“-Regeln beschreiben lässt. Die Beschreibung der Prozesse sollte dabei nach Möglichkeit einheitlich erfolgen, zum Beispiel mittels BPMN.
Insbesondere zu Beginn sollte nicht jede „Sonderlocke“ berücksichtigt werden, sondern die „Standardfälle“. Wichtige Informationen bei der Erhebung der Prozesse sind Kennzahlen. Sie helfen Dir, geeignete Prozesse zu identifizieren:
    • Wie oft wird der Prozess ausgeführt?
    • Wie lange dauert der Prozess?
    • Wie schwerwiegend ist ein Fehler im Prozess?
    • Wie komplex ist der Prozess (z. B. Anzahl der Fallunterscheidungen)?
    • Wie hoch ist der Anteil „einfacher“ Fälle?
    • Gibt es spezielle Vorbedingungen?
    • Wie wichtig ist der Prozess im betrieblichen Ablauf?
    • Was kostet der Prozess?
      Prozesskosten: Mitarbeiterstundensatz x Prozessdauer x Häufigkeit
      Opportunitätskosten: Welche höherwertigen Tätigkeiten könnte der:die Mitarbeiter:in in derselben Zeit erledigen?

3.

Prozesse hinterfragen

3.
Vor der Automatisierung der Prozesse mittels RPA sollten die ausgewählten Prozesse hinterfragt werden. Häufig lassen sich Prozesse unabhängig von der Automatisierung optimieren. Auch ist RPA natürlich nicht der einzige Ansatz, einen Prozess zu automatisieren. Aber im Verhältnis zu anderen technischen Lösungen, die einen größeren Eingriff in die Prozesse erforderlich machen, kann RPA relativ schnell umgesetzt werden.

4.

Beispielprozess umsetzen

4.
Bestenfalls hast Du einen einfachen Prozess identifiziert, den Du mit einem oder idealerweise mit unterschiedlichen Tools umsetzen willst. Durch eine konkrete Umsetzung in einem sogenannten „Proof of Concept“ erarbeitest Du Dir erstens ein Gefühl für die Machbarkeit und zweitens einen Überblick über die entstehenden Aufwände.
Durch das Testen unterschiedlicher Tools kannst Du für den konkreten Anwendungsfall die richtige RPA-Software finden. Dabei gibt es eine ganze Reihe von RPA-Software mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Zu den wohl bekanntesten gehören UI-Path, Automation Anywhere und Blueprism. Neben den großen Anbietern gibt es auch individuelle Lösungen, die auf unterschiedlichste Anforderungen anpassbar sind. Im Münsterland ist dies zum Beispiel mateo.

Sollten interne Mitarbeiter:innen in die Entwicklung einbezogen werden, können tiefere Einblicke in die Software ermöglicht sowie deren Benutzerfreundlichkeit und Support beurteilt werden. Neben einem einfachen Prozess kann zusätzlich ein komplexer Prozess realisiert werden. So werden die Schwierigkeiten und Grenzen zu Beginn sichtbar. Das ermöglicht eine bessere Identifizierung von Prozessen, die sich für RPA eignen.

5.

Umsetzung planen

5.
Die virtuellen Roboter verstehen nur eine definierte Sprache. Irgendjemand muss den Robotern mitteilen, was sie in welchen Situationen zu tun haben. Der dabei entstehende Aufwand kann von Deinen Mitarbeitern getragen werden oder Du holst dir Hilfe von externen Partnern. Ein gutes Vorgehen ist es, die ersten Prozessautomatisierungen extern erstellen zu lassen und diese als Vorlage für weitere Umsetzungen durch interne Mitarbeiter:innen zu verwenden.

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Umsetzung intern

 
Vorteile der internen Umsetzung:
    • Prozess-Know-How ist bereits vorhanden
    • Ständige Handlungsfähigkeit beim Betrieb
    • Großes Vertrauen in den Ablauf
    • Weiterbildung der eigenen Mitarbeiter:innen
    • Langfristig kostengünstig

 

Voraussetzungen/Einkalkulieren:

    • Es sind Schulungen der Mitarbeiter:innen erforderlich
    • Motivation und technisches Verständnis sind erforderlich
    • Zeitliche Verfügbarkeit erforderlich
    • Während der Einarbeitung Umsetzungsgeschwindigkeit gering
    • Problemlösungen können lange dauern

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Umsetzung extern

 
Vorteile der externen Umsetzung:
    • Schnelle Umsetzungsgeschwindigkeit
    • Erfahrung bei auftretenden Problemen
    • Erfahrungen für erfolgreiche Einführung und Betrieb

 

Voraussetzungen/Einkalkulieren:

    • Prozessbeschreibungen müssen durch internen Input erfolgen
    • Betriebskonzept für die Zeit nach der Erstellung der Prozesse muss erarbeitet werden (Wer ist im laufenden Betrieb verantwortlich?)

6.

Grundlegende Planung

6.
Vor der konkreten Umsetzung sollten einige Überlegungen angestellt werden. Diese helfen Dir Dein RPA Projekt erfolgreich umzusetzen. Dazu solltest Du die folgenden Fragen beantworten:
    • Wie sind die Verantwortlichkeiten verteilt?
      • Wer führt Anpassungen durch?
      • Wer ist für die Durchführung verantwortlich?
      • Wer stellt die Infrastruktur bereit?
    • Wie erfolgt die Qualitätssicherung des RPA-Prozesses?
    • Welche Infrastrukturellen Voraussetzung sind erforderlich?
      • In der Regel braucht jeder Roboter einen eigenen Desktop
      • Bei reinen Webanwendungen gibt es deutlich mehr Möglichkeiten
    • Welcher Dateninput ist möglich und welcher erforderlich?
    • Welche IT-Security-Themen müssen berücksichtigt werden?
      • Sind personenbezogene Daten ausreichend geschützt?
      • Wie wird mit Credentials umgegangen?
      • Müssen besondere Berechtigungsrollen für den Roboter in der Anwendung erstellt werden?
      • Wird die zu bedienende Software im eigenen Unternehmen entwickelt oder konfiguriert?

7.

Den Betrieb gestalten

7.
Ist der Prozess umgesetzt und läuft zuverlässig, fängt die Investition an sich auszahlen. Doch kann es im laufenden Betrieb aus den unterschiedlichsten Gründen zu Problemen kommen. Zum Beispiel durch ein Windows-Update, eine Unterbrechung der Netzwerkverbindung, wenn ein Server temporär nicht erreichbar ist und viele mehr. In der Regel lassen sich die Gründe, weshalb es zu Problemen gekommen ist, schnell finden. Dennoch ist ein Analyseaufwand erforderlich, der durch gutes Reporting minimiert werden kann. Für den Betrieb sind mögliche Fragen:
    • Welche Möglichkeiten des Reportings gibt es?
    • Gibt es die Möglichkeit, ein Dashboard aufzusetzen?
    • Möchte ich Kennzahlen generieren, die für ein weiteres Controlling erforderlich sind?
    • Was soll in einer Fehlersituation passieren (z. B. Mail oder Ticket)?

8.

Wartung einkalkulieren

8.
RPA ist abhängig von der zu bedienenden Software und der Infrastruktur. Die wenigsten Anwendungen sind „in Blei gegossen“ und werden in bestimmten Zyklen aktualisiert. Daraus resultierende Änderungen können zu einem Anpassungsaufwand beim RPA-Prozess führen. Unabhängig davon, ob die Zielanwendung im eigenen Hause weiterentwickelt wird oder nicht, sollte ein Budget für Wartungsarbeiten bei Anpassungen eingeplant werden.

Je dynamischer die Zielanwendung ist, desto größer sollte dieses Budget eingeplant werden. In der Wartung machen sich Investitionen in Modularisierung und Dokumentation positiv bemerkbar. Durch Module wird der Anpassungsaufwand auf ein oft verwendetes Modul beschränkt, anstatt jeden Prozess anpassen zu müssen, wie zum Beispiel, wenn sich eine URL ändert. Zudem beschleunigen detaillierte Prozessbeschreibungen und Kommentare in den RPA Skripten die Wartungsarbeiten.

Jetzt weißt Du, wie Du bei der Implementierung von RPA vorgehen kannst und was Du dabei berücksichtigen solltest. Wenn du Fragen oder Anregungen zum Thema  Robotic Process Automation hast, melde dich gerne bei uns. Wir stehen Dir jederzeit mit unserem Netzwerk zur Seite.

Weitere Quellen und Hinweise:

Langheim (2019): „WIE SICH RPA UND BPM SINNVOLL ERGÄNZEN KÖNNEN“
Langmann & Turi (2020): „Robotic Process Automation (RPA) – Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen“
Mögliche Anbieter von RPA-Lösungen: Mateo, Ui Path, Automation Anywhere, etc.

Bildnachweise

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Autor Hannes Thomsen

Als Systemwissenschaftler reizen mich komplexe Zusammenhänge und begeistert mich die Entwicklung von intelligenten sowie pragmatischen Lösungen immer wieder aufs Neue. Darauf basierend berate ich seit 2017 mit Leidenschaft Unternehmen bei der erfolgreichen Realisierung von anspruchsvollen Automatisierungsvorhaben im Bereich der Test- und Prozessautomatisierung.


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