Geschäftsmodell

Als KMU erfolgreich mit Startups kollaborieren

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Als KMU mit Startups kollaborieren – In Zeiten, in denen eine einzige Plattform die Disruption eines gewachsenen Marktes bedeuten kann, ist es auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wichtiger denn je, Innovationen voranzutreiben. Eine Kollaboration mit Startups ist ein toller Weg, externe Innovationskraft im Unternehmen zu nutzen und neue digitale Technologien einzuführen.  

Doch woher weißt Du überhaupt, welche Probleme Startups für Dich lösen können? Und wenn Du die Probleme identifiziert hast, wo findest Du dann das passende Startup?

Dieser Leitfaden bietet Anhaltspunkte zur Ausgestaltung einer langfristig erfolgreichen Kollaboration zwischen KMUs und Startups.

1.

Identifiziere die Vorteile aus einer Kollaboration mit einem Start-Up

1.
Viele KMUs hadern damit, Startups als Partner in Betracht zu ziehen. Die Gründe sind vielseitig: Junge Startups haben kaum Referenzen, in der Regel kein etabliertes Geschäftsmodell und eventuell sogar unerfahrene Gründer:innen. 

Doch traust Du Dich erst mal auf dem bekannten Fahrwasser heraus, birgt eine Kollaboration für Dich (und auch für die Startups) große Chancen: KMUs können ihren eigenen Innovationsprozess mit begrenzten Ressourcen fördern. Gerade bei sehr frühphasigen Startups wird Dein Produkt-Feedback sehr wertgeschätzt und das Produkt möglicherweise genau auf Deine Bedürfnisse hin verändert. 

Ferner haben Startups üblicherweise eine große Nähe zu technologischem Wissen über Universitäten, Netzwerke, Initiativen etc., sodass sie mit out-of-the-box-thinking und Experimentierfreude die Effizienz und Agilität in Deinem KMU steigern können. Auch die eigenen Mitarbeiter:innen können sich von den jungen Entrepreneur:innen und ihren Ideen inspirieren lassen, sodass eine Startup-Kollaboration einen Beitrag zur Förderung von Intrapreneurship leisten kann. 

2.

Suche nach möglichen Problemen die ein Startup lösen kann

2.
Jedes Startup widmet sich der Lösung eines konkreten Problems. Diese Probleme müssen in Deiner Firma also zunächst als solche entdeckt sein, um gelöst zu werden.
Ob es die Einführung einer IoT-basierten Produktion oder einer digitalen Zeiterfassung ist: All diese Maßnahmen fußen darauf, dass jemand identifiziert hat, dass hier “Luft nach oben” ist. Grundsätzlich braucht es also den Blick über den Tellerrand und die Bereitschaft, sich zu öffnen. Es gibt mehrere Wege, dies zu fördern: 

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Schaffe ein Problembewusstsein, fördere neu Ideen & Kreativität

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Zunächst gilt es, Problembewusstsein zu schaffen. Die Mitarbeiter:innen müssen den Willen und die Fähigkeiten haben, ihre Tätigkeiten und die unternehmensinternen Prozesse konsequent zu reflektieren und Optimierungspotenziale zu identifizieren.
Grundlage hierfür ist eine offene Kommunikationskultur – die Mitarbeiter:innen dürfen keine Angst haben, ihre Vorschläge zu äußern – im Gegenteil, unterbreiteten Vorschlägen solltest Du mit Interesse und Wertschätzung begegnen. 

Auch sollten die Mitarbeitenden ein Grundverständnis dafür haben, welche Probleme (von Startups) adressierbar sind. Dies lässt sich beispielsweise durch regelmäßige (branchenspezifische) Tech- und Innovationsworkshops, etwa durch eine:n interne:n oder externe:n Innovationsscout (siehe 2b) gewährleisten. Doch auch ohne Innovationsscout lassen sich Optimierungspotenziale aufdecken – durch das gute alte Gespräch. Als Manager:in stehst Du im regen Austausch mit Deinen Mitarbeiter:innen. Frage gezielt nach Problemen und Pains (angelehnt etwa an ein Empathie Interview). Es bieten sich Fragen an wie: Womit verbringst Du am meisten Zeit? Stiftet die Tätigkeit einen Mehrwert? Ganz nebenbei signalisiert ein solches Interesse dem Mitarbeitenden Wertschätzung. 

Sinnvoll – und ein tolles Teamevent – sind etwa auch Firmenausflüge in branchenspezifische Inkubatoren und Acceleratoren, die es zahlreich gibt (z.B. der Accelerator des Digital Hub münsterLAND, Founders Foundation, REACH, Storch, Seedhouse etc.). Eine weitere probate Maßnahme wäre etwa die (günstige) Vermietung freier Räumlichkeiten an Startups – durch den so zugezogenen Gründergeist ergibt sich eine wunderbare Win-Win-Situation.

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Trend & Tech Monitoring

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Ein konsequentes Monitoring der technologischen Entwicklung braucht Zeit, Wissen und Geld. In Anbetracht limitierter Ressourcen gilt es hier, möglichst effizient zu arbeiten und Prioritäten zu setzen.

Eine tolle Möglichkeit ist die Nutzung bereits bestehender Ökosysteme. Hier solltest Du bei Dir anfangen – sprich mit Deinem persönlichen Netzwerk und Manager:innen anderer KMUs!
Die oben bereits erwähnten Acceleratoren, welche Startups in einem festen mehrmonatigen Programm skalierbar machen, gibt es für fast jede Branche. Schau Dich um, sprich mit den Verantwortlichen (sie lieben Austausch!) und melde Dich für den Newsletter an – gratis Innovationspost!
Die Tech-Szene liebt Podcasts. Recherchier doch mal, was hier für Dich interessant sein könnte und hör auf dem Weg ins Büro mal kein Radio!

Darüber hinaus solltest Du auf möglichst vielen Startup-Events präsent sein. Oben genannte Acceleratoren aber auch andere Verbände organisieren regelmäßig PitchEvents, die sich nebenbei super zum Networken eignen!

3.

Finde das Problemlöser-Startup

3.
Wenn Du weißt, was Du ändern möchtest, solltest Du nun eine:n Partner:in finden, um eben das anzugehen.

Die folgenden Abschnitte zeigen wie und wo Du geeignete Startups finden kannst. 

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Recherchiere innerhalb Deines Netzwerks

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Rund drei Viertel der Kollaborationen ergeben sich aus dem persönlichen Netzwerk der Gründer:innen bzw. Manager:innen  – geh also wirklich zu den Startup-Events und tausch Dich aus! Es bieten sich darüber hinaus Sponsorings, Jurybesetzungen oder Kooperationen mit Studierendeninitativen (etwa dem Venture Club) oder sogar die Teilnahme an oder Ausrichtung von Hackathons an.

Auch ist es sinnvoll, mit befreundeten Unternehmen über deren Erfahrungen mit konkreten Problemstellungen zu sprechen. Wenn bereits Kollaborationen mit Startups bestehen, solltest Du auf jeden Fall auch mit Beteiligten sprechen, ob ihnen eine Idee bzw. ein Startup für dein Problem einfällt. Gründer:innen sind in der Regel im Startup-Ökosystem gut vernetzt, offen und hilfsbereit. 

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Recherchiere über Mulitplikator:innen bzw. Netzwerke

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Es gibt bereits viele tolle Verbände und Initiativen, die beim Matching hilfreich sein können. Der Digital Hub münsterLand etwa hat sich das Matchmaking zwischen Startups und KMUs auf die Fahnen geschrieben und schon häufig erfolgreich vermittelt. 

Auch akademische Institutionen wie etwa das REACH, (Uni-)Inkubatoren etc. sind als Anlaufstelle für Startups bewandert und können regelmäßig bei der Suche helfen, da sie viele Startups betreuen oder sogar mit Dir ein Innovationsprojekt starten. Eine Empfehlung durch ein solches Netzwerk kannst Du auch als “Qualitätssiegel” sehen – die Betreuer:innen haben sich den Case angeschaut, mit den Gründer:innen gesprochen und empfehlen Dir keinen Quatsch!

Und: Einen immer größeren Stellenwert für Vernetzung stellen Business-Netzwerke (insbesondere Linkedin) dar. Hier solltest Du präsent sein und Dich nicht davor scheuen, Deine Suche bzw. Deine Erfahrungen mit der Community zu teilen – der Umgangston auf Linkedin ist (für Social Media) ungewohnt freundlich und unterstützend, die organische Reichweite mitunter riesig, sodass sich tolle Möglichkeiten ergeben können!

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Recherchiere im Internet

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Das Internet birgt eine Flut an Informationen. Um passende Startups für Dein Problem bzw. Deinen Innovationsbedarf zu finden, bietet es sich an, zunächst branchen- bzw. problemspezifische Verbände, Inkubatoren & Acceleratoren zu konsultieren – einfach mal nachfragen und schildern, was Du brauchst!

Darüber hinaus gibts es Matchmaking/Such-Portale (etwa www.octorank.com, www.founderio.com, www.startupdetector.de), die Dich teils kostenpflichtig unterstützen können. Bevor Du jedoch gar für ein Matchmaking Geld in die Hand nimmt, solltest Du das persönliche Netzwerk komplett ausschöpfen – Du wirst überrascht sein, was sich für Möglichkeiten ergeben!

Grundsätzlich ist es bei der Anbahnung einer Kollaboration wichtig, die kurzfristigen Effizienzeinbußen (etwa durch eine:n Scout, Eventteilnahme, Mitarbeiter:innenschulungen oder Reach-Outs) in Kauf zu nehmen – eine erfolgreiche Kollaboration bietet langfristig einen lohnenswerten Mehrwert!

4.

Plane ein Pilotprojekt

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Du hast ein Startup gefunden, was Dein Problem auf eine innovative Art und Weise löst? Glückwunsch! Bevor Du jedoch einen Piloten planen solltest, gönne Dir eine Pause und horche in Dich rein: Passt das Startup? Kannst Du den Gründer:innen vertrauen? Höre hier auf Deine Intuition – mangels Referenzen der Startups bleibt Dir häufig nichts anderes übrig. Lasse Dich nicht von großen, blumig vorgetragenen Visionen blenden, sondern fokussiere Dich darauf, wie a) das Produkt und b) das Team zu Deinem konkreten Problem und Deinem Unternehmen passen.

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Culture first!

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Wenn Du ein gutes Bauchgefühl hast, kannst Du Dich jetzt an die Ausgestaltung eures Piloten machen. Wichtig ist es, frühzeitig eine gute Kommunikationsbasis zu schaffen und in regem Austausch zu stehen. Startups und KMUs haben immense kulturelle Unterschiede: Hohe Geschwindigkeit, Skalierung und Trial & Error-Mentalität der Startups treffen auf gut erprobte Prozesse und langjähriges Know-how. Startups suchen noch ihr Businessmodell und können nach einem Pivot kaum wiederzuerkennen sein, während KMUs konservativ ihre bewährten, rentablen Strategien nutzen. 

Von Anfang an sollte also ein gemeinsamer Abholpunkt geschaffen werden. Fangt beim “Wording” an, Startups tendieren dazu, sehr viele englische Fachbegriffe zu verwenden – zögere nicht, nachzufragen, wenn Dir ein Begriff unbekannt ist!
Wenn ihr euren gemeinsamen Nenner gefunden habt, baut darauf auf und seid verständnisvoll, wenn der Start holprig ist – das zusammenführen der Kulturen braucht Zeit!

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Bilde Vertrauen als Grundlage für die Zusammenarbeit

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Vertrauen und ein Begegnen auf Augenhöhe sollten von beiden Seiten selbstverständlich sein. Die Kollaboration wird nicht direkt Erfolg haben, euer gemeinsames Baby steht auf wackligen Beinen und muss erst in einen sicheren Stand wachsen. Superwichtig ist deshalb Kommunikation und Offenheit, um den Beteiligten guten Gewissens die erforderliche Freiheit zu geben, die neue Ideen zu testen, daraus zu lernen und dies wiederum zu implementieren. Der Erfolg stellt sich langsam ein, kann organisch oder durch einen Durchbruch von Null auf 100 kommen – lass Dich überraschen!

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Setze Meilensteine

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Um langfristig erfolgreich zu kollaborieren, sollten projektbezogene Meilensteine definiert werden. Die hierfür notwendigen Kennzahlen solltest im Dialog mit dem Startup und Deinen Stakeholdern im Vorhinein definieren, jedoch erst nach Anlaufen des Projektes behutsam implementieren. Eine Aufzählung der KPIs würde den Rahmen sprengen und wäre dem individuellen Charakter einer jeden Kooperation nicht gerecht. 

Bei der Formulierung von KPIs und Meilensteinen musst Du einen schmalen Grat gehen: Einerseits möchtest Du nicht Ressourcen an eine nicht erfolgversprechende Kollaboration verschwenden, andererseits stellt sich insbesondere bei Startups der Erfolg erst spät ein. Startups iterieren schnell, implementieren ihre Learnings und wechseln schon mal das komplette Geschäftsmodell bevor sie dann langfristig schwarze Zahlen schreiben – dies solltest Du bei der Formulierung der Meilensteine stets im Hinterkopf haben. Finde Deinen Weg zwischen Freiheit, Vertrauen und ökonomischer Vertretbarkeit, etwa durch die Allokation projektbezogener Budgets und der Verknüpfung weiterer Budgetfreigaben mit der Erreichung der Meilensteine. 

Bei der Planung eines gemeinsamen MVP bietet es sich ganz im Sinne der Lean-Startup-Methode etwa an, erst ein Team für die Kollaboration freizugeben, zu testen und dann in kleinen Schritten mit den Learnings zu wachsen, also etwa eine Abteilung mit der Kollaboration zu betrauen. 

5.

Schaffe die Basis für eine langfristige und erfolgreiche Zusammenarbeit

5.
Die Zusammenarbeit mit dem Startup läuft gut, beide Seiten sind glücklich und ziehen einen Mehrwert – Glückwunsch! 

Jetzt gilt es, die Kollaboration langfristig auf Erfolgskurs zu bringen. Bleibe am Ball, sprich regelmäßig mit den involvierten Mitarbeiter:innen und präsentiere euer Baby gern nach außen!
Auf gar keinen Fall solltest Du Dich jetzt auf Deinem Erfolg ausruhen – die technologische Entwicklung ist nicht aufzuhalten und wächst häufig exponentiell – bleib am Ball – und sichere Dir damit langfristig Deine Wettbewerbsfähigkeit und Prosperität!

Und, solltest Du noch nicht mit Startups zusammenarbeiten: Begib Dich auf die Suche, hab Mut und probier Dich aus – es wird sich lohnen!

Jetzt weißt Du, wie Dein Unternehmen ein geeignetes  Startup findet und mit diesem zusammenarbeiten kann.  Falls Du Fragen oder Anregungen zu dem Thema hast, stehen wir vom Digitalradar Dir gerne mit unserem Netzwerk zur Seite.

Danke an die Interviewpartner (Oliver Henschen #Digital Hub Münster, Louis Schulze #Founders Foundation, David Makrucki #REACH) mit deren Hilfe dieser Leitfaden entstanden ist.

Weiterführende Informationen:

Larbig, Mercandetti & Tuozzo  (2017): „KMU und Startups: Kurs auf Kollaboration!“
Engels & Roehl (2020): „Start-ups und Mittelstand – Potenziale und Herausforderungen von Kooperationen“
Becker et al. (2018): „Kooperationen zwischen Mittelstand und Start-up-Unternehmen“

Bildnachweise:

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Autor Johannes Weimer

Johannes ist Startup-Enthusiast, seit er 2016 beim Studium in Tel Aviv mit dem Ökosystem des "Silicon Valley of the Middle East" in Berührung gekommen ist. Nach seinem Master in BWL hat es ihn zum Jurastudium nach Münster verschlagen. Neben seinem Studium hat er selbst bereits gegründet, engagiert sich beim Venture Club Münster als Recruiter, bei recode.law, um das Rechtswesen zu digitalisieren und arbeitet als Venture Architect bei dem Münsteraner Company Builder 1648Factory. Als General Manager der "make your start"-Academy und mit den Aktivitäten des Venture Clubs verfolgt er die Vision, jungen Menschen Gründungen als lohnende, abwechslungsreiche und tolle Karrieremöglichkeiten aufzuzeigen und somit nachhaltig Innovationsgeist in Deutschland zu sichern.


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