Leitfäden

Mit Hilfe von Prototyping eine Produktidee validieren

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Kann man mit großer Sicherheit sagen, welche Produktidee am Ende erfolgreich sein wird? Das wird wohl eher schwierig. Allerdings gibt es eine Möglichkeit, wie Du eine Produktidee bereits am Anfang validieren kannst, sodass diese von Kund:Innen am Ende eher akzeptiert wird. Dabei hilft Dir das Protoyping!

Beim Prototyping entwickelst Du mit wenig Aufwand eine initiale und kostengünstige Testversion, die Du im Anschluss mit Deiner Zielgruppe testest. Dafür richtest Du Deine Idee bereits am Anfang am Kundenbedürfnis aus und testest diese in mehreren Iterationen direkt an Deinen Kund:Innen. So passt Du Dein Produkt kostengünstig an die Bedürfnisse der Kund:innen an und musst nicht später am fertigen Produkt Änderungen vornehmen.

Du hast eine erste Idee zu einem vorhandenen Kundenproblem? Dann hilft Dir dieser Leitfaden in einfachen Schritten, Deine Idee durch Prototyping zu validieren. Viel Spaß damit!

1.

Das Team zusammenstellen

1.
Bevor Du ein Prototypen entwickeln und validieren kannst, benötigst Du im ersten Schritt ein interdisziplinäres Team. Dieses Team sollte über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um das Produkt herzustellen und bei den Kund:Innen testen zu können.

Oftmals werden dabei Mitarbeitende aus den Bereichen Design, Produkt, Technik, Recht, Datenverarbeitung, Verkauf, Marketing, Forschung oder Finanzen ausgewählt. Die unterschiedlichen Fähigkeiten sorgen dafür, das Produkt ganzheitlich zu betrachten. Diese Vielfalt an Perspektiven und Erfahrungen unterstützt Dein Team beim Aufbau des Kundenverständnisses zusätzlich.

2.

Verstehe die Kund:Innen

2.
Das Hauptaugenmerk bei der Validierung eines Prototypen liegt auf den Kund:Innen und Ihren Problemen, Wünschen und Bedürfnissen. Um das Prototyping im Lösungsbereich (blau) des Design Thinking Prozesses durchführen zu können, musst Du also zunächst verstehen wer Deine Kund:Innen sind und was sie denken und fühlen.

Dazu kannst Du Deine Ergebnisse aus den Phasen „Verstehen“, „Beobachten“ und „Definieren“ des Design Thinkings nutzen. Am Ende der „Definieren“-Phase liegen Dir die gesammelten Informationen über die Kund:Innen in Form von einer Problemstellung vor. Aufbauend auf diesem Problem entwickelst Du in der „Ideen“-Phase so viele kreative Ideen und Lösungsvorschläge wie möglich. Bei der Ideensammlung können Dir Methoden wie das Brainstorming, Brainwriting oder der Ideenturm helfen. Eine ausführliche Beschreibung des gesamten Design Thinking Prozesses und aller Methoden findest Du in unserem Design Thinking Leitfaden.

Du hast Dich für eine Idee entschieden? Super, dann kann es mit dem Prototyping nun los gehen!

3.

Prototyping

3.
Um Deine Produktidee validieren zu können, solltest Du Deine Kund:Innen eng in den Entwicklungsprozess mit einbeziehen. Dabei hilft Dir die Erstellung eines Prototyps und das anschließende „Testing“ mit Deinen Kund:Innen. Das Ziel Deines Prototypen ist es, einen visuellen und interaktiven Entwurf als erste Version eines Produktes zu entwickeln, um das Feedback Deiner Kund:Innen abfragen zu können.

Aber wieso solltest Du überhaupt einen Prototypen entwickeln? Es kostet doch Zeit und Geld?! Nicht ganz richtig! Durch den Prototypen kannst Du schon frühzeitig herausfinden, ob das Produkt auch tatsächlich von Deinen Kund:Innen benötigt und gewollt ist. Es spart Dir also sowohl Zeit als auch Geld, da Produkte ohne Kundennutzen gar nicht erst weiterentwickelt werden.

Wichtig! Dein Prototyp sollte nur die wichtigsten, grundlegenden und funktionsfähigen Basisfunktionen Deines späteren Produktes darstellen. Diese Basis- bzw. Teilaspekte reichen aus, um das Feedback Deiner Kund:Innen erfassen zu können. Sollte ein Kundennutzen vorhanden sein, kannst Du den Prototypen in den nächsten Iterationen auf Basis des Feedbacks sukzessive entsprechend den Kundenbedürfnissen weiterentwickeln.

3.1

Den Low-Fidelity Prototypen erstellen

3.1
Du kennst Deine Kund:Innen und hast eine erste Idee, um ein existierendes Problem zu lösen? Dann geht es jetzt an die Entwicklung Deines Low-Fidelity Prototypen.

Diese Art von Prototyp stellt einen ersten Entwurf dar, der oft noch recht grob gehaltenen ist und die Struktur und Funktionalitäten in den Fokus rücken. Low-Fidelity-Prototypen (dt. geringe Genauigkeit) können schnell erstellt und genauso schnell wieder verworfen werfen. Aus diesem Grund müssen diese Prototypen noch gar nicht bunt und ausgefallen sein. Das Design und die visuellen Elemente werden vorerst in den Hintergrund gerückt.

Für den Low-Fidelity Prototypen gibt verschiedene Formate und Methoden, bei der Du deiner Kreativität freien Lauf lassen kannst. Hier ein paar Beispiele:

  • Haptische Prototypen (Karton, Knete, Lego, Bastelmaterial, etc.)
  • Digitale Prototypen (PowerPoint, Apps, WordPress, Landingpages, etc.)
  • Visualisierungen (Malen, Zeichnen, Animieren, Collagen, etc.)

Achte bei der Erstellung Deines Prototypen darauf, dass Du die Probleme, Wünsche und Gedanken Deiner Kund:Innen in den Vordergrund rückst und nur die wichtigsten Aspekte und Features in dem Low-Fidelity Prototypen eingebaut werden. Dein erster Prototyp wird im nächsten Schritt nun ein erstes Mal von den Kund:Innen getestet.

3.2

Den Prototypen testen

3.2
Je nach Art Deines Prototypen wird das Testing mit den Kund:Innen unterschiedlich verlaufen. Wenn Du einen digitalen Prototypen in Form einer App oder Landingpage erstellt hast, kannst Du die Bewegungen und Klicks der Kund:Innen tracken und analysieren welche Punkte fehlerhaft sind und was noch optimiert werden muss. Beispielsweise kannst Du mittels Webanalysen die Klickrate zählen oder die Zeit, die auf einer Seite verbrachte wurde.

Es empfiehlt sich allerdings immer neben dem quantitativen Testing auch qualitative Umfragen, Diskussion und Interviews zu führen. Durch den persönlichen Austausch kann auf das Bedürfnis der Kund:Innen genauer eingegangen werden und Problempunkte direkt angesprochen werden. Zudem verraten Gestik und Mimik auch viel über die Gefühlslage der Kund:Innen. Versuche bei den Interview immer offene Fragen zu stellen, damit Deine Kund:Innen umfassend und in vollständigen Sätzen antworten.

Aus den qualitativen und quantitativen Ergebnissen solltest Du folgende Fragen beantworten können:

    • Löst Dein Produkt die Probleme der Kund:Innen?
    • Können die Kund:Innen den Nutzen Deines Produktes in eigenen Worten wiedergeben?
    • Sind die Kund:Innen wirklich von dem Produkt begeistert oder sind sie nur höflich und verschleiern ihre richtige Meinung?

Wenn Du die meisten dieser Fragen mit „Ja“ beantworten kannst, kannst Du in die nächste Phase übergehen. Sollten die Kund:Innen nicht vom Nutzen überzeugt sein oder kein Problem gelöst werden, solltest Du im Design Thinking Prozess einen Schritt zurück gehen und weitere Iterationen zum Thema Kund:Innen und deren Probleme führen.

Keine Sorge, beim Design Thinking gehört es dazu Iterationen zu wiederholen und auch einige Schritte zurückzuspringen. Das gehört dazu. Also nicht den Mut verlieren, sondern einfach weitermachen 😊

3.3

Den Prototypen weiterentwickeln

3.3
Nachdem Dein Low-Fidelity Prototyp einen Kundennutzen aufweist, wirst Du nun im nächsten Schritt überprüfen, ob die Kund:Innen sich den Prototypen nutzen würden.

Dafür eignet es sich den Prototypen zu einem High-Fidelity Prototypen auszubauen.
Denn je stärker der Prototyp wie das finale Produkt aussieht und funktioniert, umso qualifizierter werden die Reaktionen der Kunden darauf ausfallen. Dafür kann hier jetzt auch stärker auf das Design (Farben, Format, Abstände, etc.) geachtet werden.

Der High-Fidelity Prototyp ist also ein Prototyp mit einem hohen Detailgrad an Funktionalität und Design. Er ähnelt dem finalen Produkt, da die notwendigsten Features und das grundlegende Design integriert sind. Die High-Fidelity-Prototypen werden oft in den späteren Phasen verwendet, um die Benutzerfreundlichkeit zu testen und Probleme im Arbeitsablauf zu identifizieren.

Auch der High-Fidelity Prototyp wird anschließend mit Kund:Innen getestet.

3.4

Den High-Fidelity Prototypen testen

3.4
Lade auch hier wieder Kund:Innen ein, um den Prototypen zu testen. Erkläre ihnen im ersten Schritt welches Problem das Produkt lösen soll und warum das Unternehmen glaubt, dass eine Lösung des Problems wichtig sei.

Du kannst bei diesem Testing je nach Zielsetzung auf einzelne Bereiche genauer eingehen. Hier sind einige qualitative und quantitative Bereiche, an denen Du Dich orientieren kannst:

    • Nutzen: Können die Kund:Innen den Nutzen Deines Produktes in eigenen Worten wiedergeben?
    • Emotionen: Sind die Kund:Innen wirklich von dem Produkt begeistert oder sind sie nur höflich und verschleiern ihre richtige Meinung?
    • Preisgestaltung: Sind Deine Kund:Innen bereit für das Produkt Geld auszugeben?
    • Vertriebskanal: Wo würden Deine Kund:Innen das Produkt am ehesten kaufen?
    • Engagement: Wie oft besuchen Deine Kund:Innen eine bestimmte Seite? Wie lange bleiben sie auf der Seite? Wer hat ein eigenes Profil aufgesetzt? Etc.
    • Empfehlungen: Wie viele würden das Produkt weiterempfehlen?

Ziel ist es herauszufinden, ob die Kund:Innen das Produkt für einen Problemlöser halten und, ob die Kund:Innen für das Produkt Geld ausgeben würden. Achte aber auch hier auf die grundlegenden Funktionen Deines Prototypen. Es ist besser, unnötige Funktionen aufzudecken und diese dann zu verwerfen, als neue Funktionen hinzuzufügen. Dein Ziel sollte es sein, einen Prototypen zu entwickeln und nicht das gesamte Produkt fertigzustellen!

Wenn der High-Fidelity Prototyp den Anforderungen der Kund:Innen entspricht, kannst Du in die nächste Iteration gehen.

3.5

Das Produkt finalisieren und das Geschäftsmodell ausarbeiten

3.5
Das Feedback der ersten Prototypentests hat ergeben, dass es einen potentiellen Kundennutzen gibt und die Kund:Innen auch bereit sind, Geld dafür auszugeben. Super! Doch die Arbeit ist hier noch nicht getan!

Auch wenn es so scheint, als könnte man das Produkt direkt launchen, sollte man sich die Frage stellen, ob sich diese ganze Unternehmung lohnt. Lässt sich das zugrundeliegende Geschäftsmodell rentabel skalieren? Für die Erarbeitung des dazugehörigen Geschäftsmodelles kannst Du das Business Model Canvas zur Hilfe ziehen. Darin spiegelt sich auch wieder, wer Deine Kund:Innen sind und welches Kundenbedürfnis Dein Produkt befriedigt.

Durch diesen gesamten iterativen Prototyping- und Geschäftsmodellprozess kannst Du Schritt für Schritt herausfinden, ob Dein Produkt potenziell erfolgreich sein kann. Zusätzlich spart es Dir eine Menge Zeit und Geld, wenn Deine erste Produktidee ggf. den Nutzen der Kunden nicht hundertprozentig übereinstimmt. Widerhole gerne die einzelnen Schritte und springe ggf. in eine Phase zurück. Du gewinnst so viele Erkenntnisse, die Dich garantiert weiterbringen.

Und wie fanden Deine Kund:Innen den von Dir entwickelten Prototypen? Konntest Du mit Deinem Prototypen ein Kundenproblem lösen? Wir freuen uns über einen möglichen Austausch mit Dir über Deine Ergebnisse.

Solltest Du weitere Fragen oder Anregungen zu diesem Thema haben, melde Dich doch gerne bei uns. Wir stehen Dir gerne jederzeit zur Seite und helfen Dir, bei der Digitalisierung Deines Unternehmens.

Weiterführende Quellen:

Abromand, A. (2016). „Warum Prototyping heutzutage unverzichtbar ist.“ 
Blank (2014). „Das Handbuch für Startups.“
Teamentwicklung Lab (2021). „Prototyping.“
Osterwalder & Bland (2019). „Testing Business Ideas: A Field Guide for Rapid Experimentation.“ 

Bildnachweise

Open-source Illustrationen unter unDraw

Autor Isabella Becker

Hi, ich heiße Isabella und bin derzeit Masterstudentin im Studiengang "Digital Business and Innovation Management" an der FH Münster. Durch meinen thematischen Schwerpunkt auf Digitalisierung und Innovation kann ich mein Wissen und meine Erfahrungen in das Digitalradar Münsterland einbringen, um kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem Münsterland dabei zu helfen, die Digitalisierung in ihrem Unternehmen voranzutreiben. Du hast Fragen, Anregungen oder möchtest Dich einfach mit anderen über die Digitalisierung von KMUs austauschen? Dann schreibe mir doch gerne eine Nachricht. Ich freue mich über einen Austausch!


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