Leitfäden

Ein Corporate Venture gründen

das Start-up im eigenen Unternehmen
LinkedIn

In bestehenden Strukturen neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln, fällt vielen Unternehmen schwer. Es braucht Mut, die Veränderungen anzugehen. Etablierte Prozesse erschweren die Umsetzung der neuen Ideen. Doch dank ihrer jahrelangen Expertise können mittelständische Unternehmen erfolgreich digitale Erfolgspotenziale heben.

In großen Unternehmen ist es üblich, die Umsetzung von Digital-Ideen Digital Units oder ausgegründeten Unternehmen zu überlassen. In Digital-Units werden Rahmenbedingungen für Innovationen geschaffen, die beispielsweise durch Ausgründungen realisiert werden. Ausgründungen zeichnen sich dadurch aus, dass weiterhin eine Verbindung zwischen dem „Mutterunternehmen“ und dem ausgegründeten Unternehmen besteht. Das Mutterunternehmen lagert jedoch das Risiko eines Misserfolgs aus, schafft Freiheiten für die Umsetzung der Idee und profitiert zu einem späteren Zeitpunkt. Um digital erfolgreich zu sein, brauchen Mittelständler aber keine Digital Units. Corporate Ventures können bereits in kleinen Teams erfolgreich sein. So sagt beispielsweise der bekannte Silicon Valley Investor Ben Horowitz: Take care of the people, the products and the profits – in that order.

Um erfolgreich zu sein, müssen einige Überlegungen angestellt und Voraussetzungen geschaffen werden. Willst Du wissen, welche Schritte für eine Ausgründung eines Unternehmens notwendig sind? Schau dir in diesem Leitfaden an, wie es gelingen kann, ein Corporate Venture auszugründen und welche Voraussetzungen dafür geschaffen werden müssen.

1.

Zusammenarbeit in Teams ermöglichen

1.
Ein Start-up aus eigenen Reihen heraus zu Gründen benötigt in erster Linie eines: Ein schlagfertiges Team. Doch statt nur auf externe Kräfte zu setzen, ist Start-up Mentalität und unternehmerisches Handeln besonders aus der eigenen Organisation heraus gefragt. Im Wettkampf um neue Geschäftsmodelle bietet Dir vor allem die bestehende Industriekompetenz, Marktposition, die breitere Personalbasis sowie das aufgebaute Netzwerk starke Wettbewerbsvorteile. Zum Aufbau dieser neuen Geschäftsmodelle solltest Du auf die wichtigste Kraft setzen, die Du hast: Deine eigenen Mitarbeitenden.

Du solltest Strukturen schaffen, die den Mitarbeitenden die Möglichkeit bieten, sich einzubringen. Denn Innovationen von innen heraus zu treiben ist für Organisationen von essenzieller Bedeutung.

1a

Die Strategie der 2 Geschwindigkeiten

1a
In welcher Reihenfolge willst du digitalisieren? Willst du erst das Bestandsgeschäft digitalisieren, direkt ein digitales Neugeschäft entwickeln – oder doch besser beides gleichzeitig? Die beste Lösung: Die Strategie der zwei Geschwindigkeiten.

1b

Intrapreneurship fördern

 
Ein Intrapreneur ist ein “Inside Entrepreneur” Deiner Organisation. Intrapreneure sind Mitarbeitende, die für Unternehmensinnovationen das tun, was andere für ihr Start-up tun. Du solltest Menschen, die solche Fähigkeiten mitbringen, identifizieren, aufbauen und sie in die strategische Entwicklung von Geschäftsmodellen integrieren.

Geschäftsführende bringen ihren Intrapreneuren Freiheiten und das Vertrauen entgegen, dass sie die richtigen Entscheidungen selbst treffen werden. Dies ist sicherlich herausfordernd, aber definiert den langfristigen Erfolg Deiner Organisation.

1c

Ideen generieren und bewerten

 
Es gibt viele Möglichkeiten, Geschäftsideen zu generieren. Aber Obacht: Verliere Dich nicht in endlos-Brainstorming-Sessions oder Diskussionen. Je nachdem, wo Dein Unternehmen gerade steht, ist es gar nicht sinnvoll solche Ideen umzusetzen, für die keinerlei Expertise vorhanden ist. Stattdessen sollten sich Intrapreneure auf ihre Erfahrungswerte verlassen und in diesen Gebieten aktiv werden. Hier warten Möglichkeiten für sogenannte “Quick Wins”.

Denke nicht nur Ideen, sondern verstehe auch genau das Problem, das durch die Idee gelöst werden soll. Hier hilft es das Kundenproblem zu quantifizieren. Vielversprechende Ideen werden anschließend durch Interviews verifiziert oder mit sogenannten “Smoke Tests” direkt am Markt getestet. Wichtig ist hier der Mut zu starten. Viele Fragen werden Dein Team und Du erst während der Umsetzung beantworten können.

1d

Benötigte Ressourcen freigeben

 
Kaum ein Start-up funktioniert ohne Ressourcen. Dabei muss es nicht nur Geld sein, das fließt. Oftmals sind es Personalressourcen, die freigegeben werden müssen. Damit sich ein Team aus Deinem Unternehmen mit einem Geschäftsmodell der Zukunft beschäftigen kann, benötigt es Zeit. Halte Deinem Team genügend den Rücken frei, um mit voller Kraft an der Geschäftsidee zu arbeiten.

Neben den Ressourcen sind oft auch Organisations-Regularien ein Hemmnis für Innovation. Ob der Zentraleinkauf, Corporate Governance Richtlinien oder IT-Security Guidelines – all das kann ein Start-up bremsen. Deinem Corporate Start-Up solltest Du daher eine Sonderrolle im Unternehmen zusprechen. Solange enger Kontakt zu Stakeholdern wie dem Betriebsrat, der IT, der Rechtsabteilung und den involvierten Führungskräften gepflegt wird, wird dieser Arbeitsmodus nicht mehr lange fremd sein.

2.

Sponsoren finden und überzeugen

2.
Steht einmal die Idee, gilt es Sponsor:innen aus dem Vorstand oder der Geschäftsführung zu überzeugen, die hinter deinem Team und der Idee stehen. Denn letztendlich geht es um die Freigabe von Ressourcen und den Freiraum eigenständig zu handeln. Dazu sollte das zu entwickelnde Produkt oder die Idee dem Unternehmen einen Mehrwert bieten und zur Gesamtstrategie passen. Nutzt die Stärken, die Ihr bereits habt und zeigt auf, wie die Idee auf die Gesamtstrategie einzahlt.

2a

Deep Dive: Pitchen von Geschäftsideen

 
Der Pitch ist dabei die beste Methode, um Sponsor:innen zu gewinnen. Ein Pitch Deck, Neudeutsch für “Präsentation”, kann in diesen Fällen als umfangreiche und konkrete Projektskizze verstanden werden, in denen die Ziele sowie der Weg dorthin skizziert und aufbereitet werden. Es zeigt das Ergebnis z.B. in Form eines Produktkonzepts, das Geschäftsmodell sowie Markt und Wettbewerb transparent auf und schafft erste Klarheit über anfallende Kosten. Es versetzt also ein Entscheidungsgremium in die Lage, auf Basis von wenigen Folien eine Projektidee zu verstehen und über die Umsetzung zu entscheiden.

Beachte dabei diese drei Tipps:
    1. Ordne die Projektziele in die strategischen Ziele des Unternehmens ein
    2. Zeige, wie bestehende Ressourcen zu Ihrem Vorteil eingesetzt werden
    3. Präsentiere Deine konkreten Ergebnisse in maximal 20 Minuten

3.

Das Timing ist entscheidend

3.
Ob es richtig war, weiß man aber leider immer erst hinterher. Deshalb sollten Innovations-Teams nicht lockerlassen und den Markt genau beobachten, um den richtigen Zeitpunkt zu erwischen. Setze dabei auf Schnelligkeit! Mit kurzen und schnellen Iterationen lässt sich zügig eine Geschäftsidee validieren.

Wie schon in der Ideengenerierung und -Bewertung helfen Dir Smoke Tests wichtige Hypothesen zu validieren oder erste Interessenten für dein Produkt zu finden. Tappe aber nicht in die Analyse-Paralyse-Falle! Du wirst niemals alle Fragen vor dem Marktstart beantworten können. Damit du schnell und risikoarm agierst, helfen die Minimum Viable Products.

3a

Minimum Viable Products entwickeln

 
Die beste Methode, um Produkte schnell und günstig zu validieren, sind Minimum Viable Products (MVPs). Sie können in kurzer Zeit erstellt werden und validieren Dein Produkt.

Beim MVP geht es darum, die Kernfunktionalitäten deiner Idee in ein Produkt zu gießen, das von echten Kund:innen genutzt wird. So erhältst Du echte Erkenntnisse, wie, wann und ob Menschen dein Produkt nutzen – und Du das Problem richtig erkannt hast.

Aber auch hier lauern Gefahren:

    • Du wirst nie das Gefühl haben fertig zu sein. Starte trotzdem und steuere nach.
    • Digitalisierung ist überall und Menschen sind mittlerweile eine hohe Qualität bei digitalen Lösungen gewohnt. Bei komplexen B2B-Ideen reichen einfache Landing Pages nicht aus, um Ideen zu validieren.

Fokussiere dich dabei auf die Kernfunktionalität und baue ein MVP, welches wirklich nutzbar ist. Ein MVP bietet Dir nur Mehrwert, wenn Du es nicht wegwerfen musst.

3b

Startup Methoden übernehmen

 
Der größte Vorteil von Corporate Ventures ist es, schnell auf veränderte Marktbedingungen reagieren zu können. Während in Organisationen Projekte oft noch nach einem starren Wasserfall-Modell umgesetzt werden, setzen Start-ups auf agile Methoden wie Design Thinking, Lean Start-up oder SCRUM. Start-ups können damit flexibler und zeitnah auf interne Veränderungen und Marktgegebenheiten reagieren und dabei die Kosten für Anpassungen geringhalten.

Gegenüber großen Unternehmen können Corporate Ventures so im richtigen Moment Chancen wahrnehmen, die bei großen Organisationen ungenutzt bleiben. Das zahlt sich natürlich gerade dann aus, wenn viel Unsicherheit im Spiel ist. Genau diese Situation liegt beim Markteintritt vor.

3c

Flexibilität und Agilität sind entscheidend

 
Gründungen gehen immer mit Herausforderungen einher. Auch als Corporate Start-up sollte das gleiche Mindset wie für selbstfinanzierte Start-ups gelten: Geld ist knapp. Stell dir vor, es wäre Dein Geld, wie lange würdest Du dann noch auf einen Markteintritt warten?

Daher solltest Du möglichst agil sein und durch Iterationsschleifen sowie Feedback Dein Produkt validieren und optimieren. Sei also flexibel, wenn Probleme aufkommen und nimm es locker, wenn Deine Anfangsidee mal verworfen werden muss. Stelle immer den Kunden in den Mittelpunkt und bereite schon von Beginn an den Markteintritt vor!

4.

Den richtigen Partner finden

4.
Um schlagkräftig zu sein benötigst Du ein starkes Team. Du wirst in der Regel nicht alle Kompetenzen in Deinem Team versammeln können. Daher suchst Du Dir Partner, die genau die Erfahrung mitbringen, die für die Realisierung Deiner Idee benötigt werden.

Nicht nur im Softwarebereich ist eine schnelle Umsetzung wichtig. Gleiches gilt für das Testen der Geschäftsidee, für die Vorbereitung des Markteintritts und den Aufbau des Unternehmens. Sonst kann diese schnell zum Kostentreiber werden.

Dieser Leitfaden entstand aus den Projekterfahrungen von Zweitag. Gemeinsam mit der Westfalen AG haben Sie erfolgreich das Start-up fillibri ausgegründet.

Willst Du mehr zu diesem Thema erfahren oder hast Anregungen dazu? Dann melde Dich gerne bei uns. Wir stehen Dir jederzeit mit unserem Netzwerk zu Seite.

Weiterführende Quellen und Links

Müller et al. (2019): „Corporate Entrepreneurship“
Schulte (2021): „Wie gründet man ein Corporate Venture im Mittelstand?“
Schulte (2021): „Mit zwei Geschwindigkeiten die Digitale Transformation meistern“
Schulte (2021): „3 Tipps für einen erfolgreichen Pitch“

Bildnachweise:

Photos by Zweitag

Autor Tobias Görtz

Business Development Manager bei Zweitag. Zweitag ist Dein Partner für digitale Geschäftsmodelle. Gemeinsam konzipieren, entwickeln und gestalten wir Softwareprodukte, die herausragen. Wir helfen unseren Kunden, individuelle Plattformen und Produkte für die vernetzte Wirtschaft zu entwickeln. Die vielschichtigen Geschäftsmöglichkeiten explorieren wir mit Kreativität und analytischer Methodik. Wir bilden mit unseren Kunden schlagkräftige Teams, indem wir unsere langjährige Erfahrung in Produktstrategie, Design, Softwareentwicklung und Wachstum einbringen. Mit vereinten Kräften kommen wir auf bessere Lösungen, validieren diese ergebnisoffen und gewinnen so kontinuierlich Erkenntnisse, die Ihr Produkt erfolgreich machen.


Schreibe einen Kommentar