Drohnen

Smarte Flugroboter in der Industrie: Die Drohne kommt (voraussichtlich)

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Mittlerweile gibt es mannigfaltige Anwendungen für Drohnen und jeden Tag kommen neue hinzu. Der Einsatz von Drohnentechnologie wird aufgrund ihrer vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten expandieren. Rechtliche Rahmenbedingungen für den Masseneinsatz von Drohnen müssen noch geschaffen werden.

Am 13. Mai 2020 hat die deutsche Bundesregierung den Aktionsplan „Unbemannte Luftfahrtsysteme und innovative Luftfahrtkonzepte“ vorgestellt. Ziel der Maßnahme ist es, den neuen Verkehrsträgern den Weg in die Anwendung zu ebnen. Für Branchenkenner ein deutliches Signal und ein wichtiges Bekenntnis der Bundesregierung, die Entwicklung der Drohnentechnologie in Deutschland aktiv voranbringen zu wollen.

Diese Technologie ist ein wesentlicher Standortfaktor der Zukunft und eine Chance für die Innovationsfähigkeit und -freundlichkeit Deutschlands.

Thomas Jarzombek, MdB, Koordinator der Bundesregierung für die Deutsche Luft- und Raumfahrt

Für den zunehmenden Bedeutungsgewinn der Drohnentechnologie gibt es genug Argumente. Die Liste der möglichen Anwendungsfelder – ob Agrarwirtschaft, Bevölkerungsschutz, Energiewirtschaft, Bau- und Immobilienwirtschaft, Logistik, Medienproduktion oder Sicherheitsaufgaben – ist lang.

Die Aussichten der Branche werden in aktuellen Prognosen als positiv dargestellt: Die Zahl der einsatzbereiten Drohnen in Deutschland wird sich bis 2030 auf rund 850.000 Exemplare erhöhen. Davon werden 126.000 kommerziell genutzt werden. Erwartet wird, dass der deutsche Drohnenmarkt bis 2030 auf fast drei Milliarden Euro anwachsen wird. Das Wachstum wird vor allem durch den kommerziellen Markt getrieben, so die aktuellen Zahlen der Bundesregierung [LINK].

Trotz der positiven Prognosen und der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der Drohnentechnologie, darf eines in diesem Kontext nicht außer Acht gelassen werden: Die rechtlichen Rahmenbedingungen für den massenhaften Einsatz von Drohnen müssen noch geschaffen werden. Die Rechtsetzung auf Ebene der Europäischen Union findet seit dem 11. September 2018 statt. Außerdem gibt es bei den aktuellen Regeln für den Betrieb von Drohnen in Deutschland strikte Anweisungen und bürokratische Formalitäten, die möglicherweise für viele Anwender eine Hürde bei der kommerziellen Nutzung von Drohnen darstellen, wie zum Beispiel [LINK].

  • Kennzeichnungspflicht: Alle Flugmodelle und unbemannten Luftfahrtsysteme ab einer Startmasse von mehr als 0,25 kg müssen gekennzeichnet sein, um im Schadensfall schnell den Halter feststellen zu können. Die Kennzeichnung erfolgt mittels Plakette mit Namen und Adresse des Eigentümers.
  • Kenntnisnachweis: Für den Betrieb von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen ab 2 kg ist ein Kenntnisnachweis erforderlich.
  • Erlaubnispflicht: Für den Betrieb von Flugmodellen und unbemannten Luftfahrtsystemen über 5 kg und für den Betrieb bei Nacht ist eine Erlaubnis erforderlich.
  • Ab 100 m: In dieser Höhe dürfen Drohnen nur fliegen, wenn eine behördliche Ausnahmeerlaubnis eingeholt wurde.

Die Bundesregierung will, dass Drohnen und Flugtaxis die Labore verlassen und in die Luft gehen können. Wie das technisch funktioniert, das wissen die Unternehmen am besten.

Andreas Scheuer, MdB, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur

Auch wenn sich die bekanntesten Anwendungsfälle für Drohnen auf Einsatzgebiete fernab der Industrie abspielen, der Einsatz dieser Technologie ist letztendlich relevant für alle Anwender, die mit Infrastruktur zu tun haben. Produzierende Unternehmen mit umfangreicher Intralogistik oder Betreiber komplexer Industrieanlagen gehören eindeutig dazu.

Hier einige Beispiele für Anwendungen im industriellen Sektor:

Drohnen werden heutzutage erfolgreich bei der Inspektion von Industrieanlagen eingesetzt. Hierfür sprechen mehrere Vorteile: Inspektionen, die selbst für erfahrene Industriekletterer hochriskant und für Unternehmen insgesamt kostenintensiv sind, können ohne Ausfallzeiten der zu begutachtenden Industrieanlagen durchgeführt werden. Die höhere Sicherheit des Personals ist ein weiterer positiver Aspekt, als auch die Tatsache, dass Drohnen das Auge eines Servicetechnikers oder eines Einsatzteams an Ort und Stelle ersetzen können.

Das Fliegen von Drohnen in Industrieanlagen ermöglicht das Sammeln von Daten auch an schwer erreichbaren Objekten, wie Rohrleitungen, Schornsteinen oder Funkmasten.

Laut Angaben eines deutschen Herstellers können Drohnen innerhalb von Minuten millimetergenau Schäden, wie feinste Haarrisse, Gas- und Wärmelecks aufspüren und automatisch mit Positionsdaten und Bildern dokumentieren. Die gesamte Inspektion kann vom Boden aus per HD-Video verfolgt werden [LINK].

Die Drohne ist auch ein Hilfsmittel zur Instandhaltung. Der Einsatz von Drohnen führt zur Automation von Prozessen bei der Datenerhebung, zur Vereinfachung des Monitorings und schließlich zur vorbeugenden Wartung von Anlagen.

Drohnen werden auch beim Transport von Gütern eingesetzt. Der Transport von Werkzeugen, Proben oder Spezialausstattungen, mit einem Gewicht von bis zu 5 kg, ist mit marktreifen Geräten problemlos durchführbar. Dies eröffnet Möglichkeiten für den Einsatz von Drohnen in der Intralogistik von Unternehmen. Audi testete bereits 2017 den werksinternen automatisierten Teiletransport mit Hilfe von Drohnen [LINK]. Die sichere Auslieferung von zeitkritischen Sendungen auf Werksgeländen kann zu einer deutlichen Reduktion der Kosten für den Transport, zur Entlastung der Mitarbeiter und zur Beschleunigung der Lieferprozesse führen.

Ein anderes Anwendungsbeispiel ist die Inventur im Hochregallager mit Hilfe von Drohnen. Am Standort Emmerich des Unternehmens BLG Logistics fliegen jetzt schon Drohnen durch das Lager. Die kleinen Fluggeräte übernehmen die regelmäßige Kontrolle der nicht direkt einsehbaren Bereiche des 80.000 Quadratmeter großen Lagers. Bislang war die wöchentliche Regalkontrolle eine sehr aufwändige Tätigkeit [LINK].

Industriedrohnen sind auch im Indoor-Bereich einsetzbar (Foto: Tobias Albers-Heinemann)

Die Kompetenzen zur Digitalisierung von Bestandserfassungs- und Inventurprozessen mit Hilfe von Drohnen sind direkt in Deutschland verfügbar. So bietet das Kasseler Unternehmen doks. innovation GmbH eine komplette Lösung für die automatisierte Bestandsaufnahme und Bestandsverwaltung in Palettenregalen im Lagerbereich. Es nutzt eine Drohne für die Datenaufnahme, einen Bodenroboter für die Navigation und eine Vielzahl an intelligenten Algorithmen, um die Daten verwendbar zu machen. Die Lösung ermöglicht eine präzise Verortung und eine vollautomatisierte Erfassung des gesamten Lagers [LINK].

Das Unternehmen, das 2017 im Umfeld des Dortmunder Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) gegründet wurde, bietet ebenfalls Lösungen für die Inventur- und Volumenberechnungsprozesse in Produktionsanlagen und Logistikbereichen mit Hilfe von an Drohnen angebrachten Sensoren. Das Kalkulieren von Schüttgütern oder das Erfassen und Zählen anderer im Freien gelagerter Güter wird dadurch ermöglicht.

Ein weiteres Spezialgebiet des jungen Unternehmens ist der sichere Transport über kurze Distanzen mit Drohnen. Die eingesetzten Transportdrohnen bieten eine Flugzeit von bis zu 25 min und können dabei Güter mit bis zu 15 m/s befördern. Die patentierte Technologie zum Greifen der Objekte ermöglicht den Transport von nahezu allen denkbaren Strukturen und ist beliebig skalierbar. Lasten wie bspw. dringend benötigte Klein- und Ersatzteile oder Materialproben können problemlos auf dem Werksgelände transportiert werden.

Drohnen können auch für die automatisierte, großflächige Überwachung von Liegenschaften und Werksgeländen aus der Luft genutzt werden. Der weltweit agierende Hersteller AirRobot mit Hauptsitz in Arnsberg bietet eine Lösung für sowohl vordefinierte Patrouillenflüge als auch eine gezielte Alarmaufklärung, die über andere Sensoriken vor Ort ausgelöst wird [LINK].

Eine Technologie ist so gut wie ihre Anwendungsgebiete.

Anne Baumgärtel & Holm Landrock in ihrem Buch ‚Die Industriedrohne – der fliegende Roboter‘

Die genannten Beispiele für Anwendungen der Drohnentechnologie im industriellen Sektor zeigen

  • dass kommerzielle Drohnen Einsparungen in Industrieunternehmen ermöglichen können (kostengünstigere Bestandsführung, erleichterten Transport auf dem Werksgelände).
  • Die Drohne kann Aufgaben erledigen, die für Menschen sehr zeitaufwändig, teuer oder gefährlich wären (bspw. bei der Inspektion von Anlagen).
  • Industriedrohnen ermöglichen vor allem das Sammeln von Informationen in Form von Messdaten und Bildern, um Zustände und Abläufe zu dokumentieren.

Der Einsatz der Drohnentechnologie ist heute ein praktikabler Weg, um Daten für Analysezwecke zu erzeugen. Hierbei können vorhandene Geschäftsprozesse mit neuen oder detaillierteren Daten angereichert oder sogar komplett automatisiert werden. Je nach Anwendungsfall könnten dadurch neue Produkte, Services oder gänzlich neue Geschäftsmodelle in Unternehmen entstehen. Was spricht dafür, sich jetzt schon mit dieser Technologie zu befassen, auch wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen erst noch angepasst werden müssen und die Investition in den Kauf von Drohnen für die meisten Unternehmen derzeit nur bedingt erschwinglich bzw. lukrativ ist? Eine Möglichkeit, neue Geschäftsmodelle zu testen, ohne großes Kapital aufbringen zu müssen, ist der Verleih von Drohnen als Dienstleistung. Auf diese Art und Weise lässt sich mit professioneller Hilfe (erschwinglich) eruieren, ob und wie mit dieser Technologie betriebliche Abläufe optimiert oder unterstützt werden können.

Autor Varvara Leinz

Ahaus


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