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Positionsbestimmung mit Apple AirTag

Spielzeug oder Potenzial zur industriellen Nutzung?
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Das Apple AirTag ist ein Sensorchip von der Größe eines Zwei-Eurostücks, der sich mit Endgeräten des gleichen Anbieters verbinden lässt. Mit der dazugehörigen „Wo ist?“-App lassen sich Objekte wie ein verlegter Schlüsselbund oder Personen lokalisieren – wenn sie den Sensorchip bei sich tragen. Die Position des Objekts bzw. Sensorchips wird im Fernbereich auf einer digitalen Landkarte angezeigt.

Im Nahbereich leitet die sogenannte „genaue Suche“ den Nutzer auf einer Art Radar mittels Pfeilen und haptischem Feedback bis auf wenige Zentimeter genau zum gesuchten Objekt. Signaltöne des Tags erleichtern die akustische Lokalisierung im Nahbereich. Ähnliche Produkte sind am Markt von Anbietern wie Tile oder Chipolo erhältlich.

Wie funktioniert ein solches System zur Positionsbestimmung von Objekten?

Der Sensorchip („AirTag“) sendet über Bluetooth, NFC (Near Field Communication) und Ultrabreitband (UWD; Ultra-wideband) Funksignale aus. Geräte aus Apples „Wo ist?“-Netzwerk können diese erkennen, wenn sie in der Nähe sind. Dabei muss es sich nicht um das eigene Smartphone des Nutzers handeln – auch andere Apple-Geräte im Netzwerk unterstützen die Ortung des Objekts. Diese Geräte schicken den Standort des AirTag an Apples Cloud-Lösung, sodass sich das Objekt auf einer digitalen Karte der vorgenannten App lokalisieren lässt. Dabei soll eine regelmäßige Änderung der Bluetooth-Kennung des Tags eine unerwünschte Ortung durch Fremde unterbinden. Über einen eingebauten GPS-Empfänger verfügt das Gerät nicht. Eine Knopfbatterie mit einer Lebensdauer von ungefähr einem Jahr liefert die Energie.

In der Industrie werden zur Positionsbestimmung von Objekten wie Förderfahrzeugen oder Paletten vor allem serverseitige Verfahren genutzt, um ein sogenanntes Indoor Positioning System (IPS) aufzubauen. Gängige Lokalisierungssysteme basieren beispielsweise auf WLAN, BLE, UWB oder RFID. BLE-Systeme, auch Beacons genannt, sind günstige und flexibel einsetzbare drahtlose Funksender, die Daten mittels Bluetooth Low Energy (BLE) übertragen. Ultra-wideband (UWB) ist eine Kurzstrecken-Funktechnik, über die sich auch Höhenunterschiede präzise feststellen lassen. RFID (Radio Frequency Identification) bezeichnet aktive und passive Tags, die Ortung und Identifikation von Objekten auf Basis von Funkwellen unterstützen. Jeder Anwendungsfall stellt andere Anforderungen an die Ortungstechnologie, sodass die jeweiligen Vor- und Nachteile der vorgenannten Lösungen im Hinblick auf beispielsweise Genauigkeit, Reichweite, Energieversorgung, flächendeckende versus punktgenaue Ortung etc. abgewogen werden müssen.

Welche Einsatzszenarien gibt es? Und welches Nutzenpotenzial verbirgt sich dahinter für Unternehmen?

Ein erster Anwendungsfall ist die Positionsbestimmung eines Objekts zu einem bestimmten Zeitpunkt. Im Lager eines Industrieunternehmens oder Händlers lassen sich mit einer solchen Technologie Paletten und andere Ladungsträger bzw. die ihnen zugeordneten Materialien lokalisieren. Auch Gabelstapler oder Flurförderfahrzeuge lassen sich so schnell auffinden. In der Fertigung eines Maschinen- oder Anlagenbauers können einzelne Baugruppen in der Werkshalle punktgenau geortet werden. Im Gesundheitswesen ist die Positionsbestimmung von Patienten oder Betten ein möglicher Anwendungsfall.

Neben einer Positionsbestimmung zu einem bestimmten Zeitpunkt kann auch das Verfolgen von Objekten über einen Zeitraum hinweg einen betriebswirtschaftlichen Nutzen stiften. So lassen sich innerbetrieblich Materialbewegungen im Rahmen eines sogenannten Trackings & Tracings verfolgen und im Rahmen des Process Minings Muster und Optimierungspotenziale ableiten. Aber auch die Transportlogistik bietet Einsatzszenarien.

In Großbritannien wurde beispielsweise von einem erfolgreichen Versuch berichtet, bei dem ein AirTag in einem Paket über eine große Entfernung per Post versendet wurde. Die Sendung ließ sich nahezu in Echtzeit geografisch verfolgen. Der Empfänger einer solchen Sendung könnte so seine Wareneingangsprozesse zeitgenau vorbereiten.

Welche Grenzen bzw. Risiken bestehen?

Eine Grenze ist die Bindung an die Apple-Infrastruktur, hier das iOS-Betriebssystem der Endgeräte und die iCloud. Dadurch ergibt sich eine starke Abhängigkeit vom Anbieter. Eine weitere Herausforderung ist der Datenschutz, etwa das unbemerkte Verfolgen von Personen oder Objekten bzw. das unerwünschte Erstellen detaillierter Bewegungsprofile – trotz der Verschlüsselung der Standortdaten, die zudem nicht auf dem AirTag selbst gespeichert werden. Weitere Grenzen ergeben sich aus technischen Restriktionen zum Beispiel hinsichtlich der Signalstärke in geschlossenen Gebäuden.

Mit dem AirTag lassen sich IoT Anwendungsfälle im Unternehmen testen

Das AirTag zielt vor allem auf private Anwendungsfälle der Nutzer wie das Auffinden eines verlegten Schlüsselbunds. Für professionelle Anwendungen im gewerblichen Umfeld scheinen alternative Lösungen geeigneter. Nichtsdestotrotz bietet die Lösung eine einfach zu realisierende Möglichkeit, einen Piloten für einen Anwendungsfall des Internet of Things (IoT) im eigenen Unternehmen zu installieren. Und dies ohne kostenintensiven Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur und Einkauf von Know-how, das ggf. im eigenen Unternehmen nicht vorliegt. So lassen sich niedrigschwellig Anwendungsfälle identifizieren und Erfahrungen sammeln. Nach einem Pilotversuch lässt sich dann entscheiden, ob eine professionelle Lösung aus dem Umfeld des Industrial IoT-Umfeld (IIoT) langfristig der geeignetere Ansatz ist.

Quellen:

Apple (2021): „Verlieren kannst du jetzt vergessen.“
McElhearn (2021): „I Mailed an AirTag and Tracked Its Progress; Here’s What Happened“

Bildnachweise:

Photo by Onur Binay on Unsplash
Photo1 by Apple
Photo2 by Apple
Photo3 by RoseBox رز باکس on Unsplash

 

Das Competence Cluster IoT des IPD forscht und arbeitet an verschiedenen Aspekten des Internet of Things. Der Bericht „Positionsbestimmung mit Apple AirTag“ ging aus der Arbeit des Cluster hervor.



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