Leitfäden

Das richtige digitale Kollaborationstool auswählen

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Das zunehmende Arbeiten aus dem Home-Office und auch in vielen Fällen eine sich verstärkende Internationalisierung haben dazu beigetragen, dass digitale Kollaborationstools in den letzten Jahren enorm an Bedeutung gewonnen haben. Häufig wurden Lösungen eingesetzt, die vermeintlich alle notwendigen Funktionen unterstützten und vor allem schnell verfügbar waren. Inzwischen haben viele Unternehmen den Bedarf hier nochmals nachzuschärfen, zu hinterfragen, was sie brauchen und welche Angebote bzw. Tools ihrem Bedarf gegenüberstehen.

Der folgende Leitfaden soll helfen, Kollaborationstools zu klassifizieren, aufzeigen wie sich die verschiedenen Tools unterscheiden und Handlungsempfehlungen geben, die bei der Toolauswahl unterstützen.

1.

Einen Überblick über digitale Kollaborationstools verschaffen

1.
Digitale Kollaborationstools werden eingesetzt, um die ortsungebundene Zusammenarbeit verschiedener Teams eines Unternehmens zu ermöglichen. Für eine erfolgreiche Kollaboration gilt die Interaktion der Teammitglieder als Voraussetzung. In der Literatur werden für die Interaktion, drei Formen unterschieden:

Kommunikation dient dem Austausch von Nachrichten zur Informationsübermittlung zwischen den Mitgliedern einer Gruppe

Koordination umfasst die Organisation von Abhängigkeiten zwischen Aktivitäten, Akteuren und Teilzielen

Kooperation fokussiert die gemeinsame Bewältigung von Aufgaben, die zur Zielerfüllung beitragen und das gemeinsame Arbeiten an Objekten erfordern

2.

Kollaborationstools und ihre Hauptfunktionen

2.
Digitale Kollaborationstools lassen sich gemäß der obigen Form der Interaktion unterscheiden. Die oben gezeigte Abbildung ordnet einige aktuell stark verbreitete Kollaborationstools den verschiedenen Interaktionsformen zu und listet deren Hauptfunktionalitäten auf.

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Hauptfunktionen von Kommunikationstools

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Instant Messaging
    • Dient dem synchronen und asynchronen Informationsaustausch zwischen zwei oder mehreren Personen
    • Optische und akustische Signale machen auf neue Nachrichten aufmerksam

Newsgroups

    • Dienen der Gruppenkommunikation und haben meistens einen öffentlichen Charakter, d.h. für alle Organisationsmitglieder sichtbar
    • Kommunikationsverlauf innerhalb von Newsgroups erstreckt sich über einen längeren Zeitraum

Newsfeed

    • Wird auch als Aktivitätenprotokoll bezeichnet
    • Informiert den Nutzer über alle Neuigkeiten, z.B. entgangene Anrufe, Erwähnungen oder Benachrichtigungen

Audio- und Videokonferenzen

    • Dienen dem synchronen Informationsaustausch durch Ton- und Videoübertragung
    • Voraussetzungen sind verfügbare Hardware und Zugangsdaten

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Hauptfunktionen der Koordinationstools

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Work-Management / Projektmanagement
    • Unterstützen bei der Planung und Koordination von Arbeitspaketen
    • Beinhalten Funktionen zur Verwaltung von Aufgaben, Erstellung von Projektstruktur- und Projektablaufplänen, zur Verwaltung von Ressourcen und zur Visualisierung z.B. mithilfe von Kanban Boards oder Gantt-Diagrammen

Workflow-Management

    • Dient der Festlegung der Reihenfolge von auszuführenden Aktivitäten, die auf Basis von vordefinierten Regeln von einer Person zur nächsten weitergegeben werden
    • Standardisierbare und regelmäßig durchgeführte Abläufe lassen sich ggf. automatisieren

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Hauptfunktionen der Kooperationstools

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Desktop-Sharing
    • Dient der Übertragung von Bildschirminhalten an entfernte Bildschirme
    • Gilt als Basisfunktion für die virtuelle Kooperation

Gruppendatenbank

    • Ein zur Verfügung gestellter gemeinsamer Speicher, auf den eine Gruppe zugreifen, Daten speichern, organisieren und untereinander teilen kann
    • Fördert den Austausch der für eine Gruppe relevanten Daten

Echtzeiteditoren

    • Dienen dem gleichzeitigen Bearbeiten von Dokumenten
    • Ermöglichen durch Synchronisierung der Änderungen in Echtzeit, dass diese sofort für alle Benutzer sichtbar werden

Virtuelle Whiteboards

    • Dienen dem kreativen Zusammenarbeiten z.B. durch Hinzufügen von virtuellen Post-it‘s
    • Sind das Gegenstück zu physischen Pinnwänden und Whiteboards in virtuellen Meetings
    • Verfügen häufig über Templates für Prozessmodellierung für Schwachstellenanalysen, Portfolios etc.

3.

Vergleichen von Kollaborationstool

3.
Das Bild oben zeigt die Ergebnisse einer in 2020/2021 am Institut für Prozessmanagement und Digitale Transformation der FH Münster durchgeführten Untersuchung, die zum Ziel hatte, die oben aufgeführten Tools hinsichtlich ihrer Funktionalität zu vergleichen.

Bei der Gegenüberstellung der untersuchten Tools hat sich herausgestellt, dass die Lösungen basierend auf den gebotenen Hauptfunktionalitäten zwar einer Kategorie zugeordnet werden können, dass diese Zuordnung jedoch nicht überschneidungsfrei möglich ist, da in einem Tool häufig Funktionalitäten kombiniert werden, die mehrere Interaktionsformen beinhalten. So decken z.B. Zoom und Teams als Kommunikationstools viele Funktionalitäten von Kooperationstools mit ab und verfügen hier zum Teil über stärkere Bewertung als die Kooperationstools selbst. Auch ist zu beachten, dass sich die Tools ggf. integriert nutzen lassen. So können z.B. Microsoft Planner und Miro in Microsoft Teams integriert und so deren Funktionalitäten kombiniert genutzt werden.

4.

Auswahl eines Kollaborationstools

4.
Der Bedarf an Tools ist abhängig von den Anforderungen der jeweiligen Teams:

Kommunikationstools sind für die virtuelle Zusammenarbeit unverzichtbar

Koordinationstools unterstützen vor allem die Verwaltung von nicht-regelmäßig anfallenden Aufgaben, z.B. Projektmanagement

Kooperationstools eignen sich zur Durchführung von Workshops, z.B. zur Problemanalyse und -lösung, zur Prozessoptimierung oder zur Ideenfindung mithilfe von Kreativitätstechniken

Zur systematischen Auswahl kann wie folgt vorgegangen werden:

1. Ableitung der Anforderungen

    • Will ich nur kommunizieren?
    • Müssen meine Teams darüber hinaus koordinieren und kooperieren?
    • Welche der oben aufgeführten Funktionen benötige ich?
    • Welche nicht funktionalen Anforderungen wie etwa Bedienbarkeit oder Serverstandort sind für mein Team wichtig?

2. Festlegung von Tool-Alternativen, deren Einsatz in Betracht gezogen wird. Hierbei ggf. auch unterschiedliche Bündelungen von Tools als mögliche Alternative betrachten.

3. Festlegung von Ausschlusskriterien, die das Unternehmen im Vorfeld definieren muss, um die Anzahl der Optionen zu verkleinern, z.B.:

    • Fehlende Kompatibilität mit bereits genutzten Tools
    • Serverstandort
    • Sicherheitsaspekte

4.Bilden einer Rangfolge der potenziellen Tools mithilfe einer Nutzwertanalyse, bei der weitere Kriterien berücksichtigt werden können.

Dieser Leitfaden gibt Unterstützung bei der Neuausrichtung der Kollaborationstools und Hinweise, welche Punkte dabei beachtet werden müssen. Bei Fragen zu diesem Thema können wir vom Digitalradar auf eine breite Community aus Wirtschaft und Wissenschaft zurückgreifen.

Weiterführende Quellen und Hinweise

Bruhn (2020): „Homeoffice und mobiles Arbeiten im Team effektiv umsetzen“
Gerlicher (2007): „Computer-Supported Cooperative Work (CSCW) – kollaborative Systeme und Anwendungen“ (S. 143-195)
Gross & Koch (2007): „Computer-Supported Cooperative Work“
Kuster, et.al. (2019): „Handbuch Projektmanagement. Agil – Klassisch – Hybrid“
Leimeister (2014): „Collaboration Engineering. IT-gestützte Zusammenarbeitsprozesse systematisch entwickeln und durchführen“
Teufel et.al. (1995): „Computerunterstützung für die Gruppenarbeit“
Weisser (2021): „Vergleich digitaler Kooperationstools“ Bei Interesse an dieser Bachelorthesis gerne eine Mail  an Prof. Wieland Appelfeller senden.

Bildnachweise:

Photo1 by Los Muertos Crew on Pexels
Photo2 by Weisser 2021
Photo2a by Chris Montgomery on Unsplash
Photo2b OpenProject Timeline
Photo2c by fauxels on Pexels
Photo 3 by Weisser 2021
Photo4 by viarami on Pixabay

Autor Prof. Dr. Appelfeller

Prof. Dr. Wieland Appelfeller ist Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik und Gründungsvorstand des Instituts für digitale Transformation und Prozessmanagement (IPD)


Autor Silvana Weisser

Prof. Dr. Wieland Appelfeller ist Professor für Organisation und Wirtschaftsinformatik und Gründungsvorstand des Instituts für digitale Transformation und Prozessmanagement (IPD)


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