Das verarbeitende Gewerbe, Komponenten- und Maschinenbauer heben Potentiale und entwickeln neue Services und Umsätze durch industrielles IoT (IIoT). Doch wie genau? Was kostet das Ganze und welche Fehler sind bei der Umsetzung vermeidbar? Eine Lösung für die Sicherung von Verfügbarkeiten durch IoT in der Flachstahlherstellung stellen wir in diesem Bericht vor.
Neue Technologien werfen oft viele Fragezeichen auf. Wir von IoT Use Case haben es uns zur Aufgabe gemacht, diese Fragezeichen zu beseitigen und das Internet der Dinge in der Industrie greifbar zu machen. Dafür kooperieren wir branchenübergreifend mit Maschinen- und Komponentenbauern sowie innovativen Firmen, die alle eins gemeinsam haben: offen, partnerschaftlich und strategisch zusammenzuarbeiten und gemeinsam Potentiale zu heben.
Regelmäßig stellen wir hier auf dem Digitalradar münsterLAND erfolgreich umgesetzte Use Cases aus der Praxis vor. In über 350 Use Cases und mehr als 50 Podcastfolgen haben wir dabei unterstützt, erklärungsbedürftige IoT-Produkte einfach zu kommunizieren, um so das Wissen auszubauen. Wir stehen als Sparringspartner zur Seite, vermitteln passende Kontakte und sehen täglich den Markt mit unseren aktuell über 65 Industriepartnern – von Produkten, Angeboten bis zu ganzheitlichen IoT- und IIoT-Lösungen. Hier werden wir einen Blick in die Best Practices werfen und Anbieter sowie Anwender zu Wort kommen lassen!
Im ersten Beitrag unserer IIoT-Reihe steigen wir mit einem Erfolgsbeispiel für die Sicherung von Verfügbarkeiten durch IoT aus der Stahlindustrie ein.
Salzgitter Flachstahl und Endress+Hauser AG
Unternehmenssteckbrief: Salzgitter Flachstahl
- Größte Stahltochter der Salzgitter-Gruppe, Salzgitter AG
- Etwa 5 Millionen Tonnen Rohstahl-Produktion jährlich
- Wichtigste Abnehmer: Fahrzeughersteller und deren Zulieferer, Röhren-/Großröhrenhersteller, Kaltwalzer, Bauindustrie
- 5.500 Mitarbeiter
- Umsatz von knapp 3 Milliarden Euro/Jahr
Unternehmenssteckbrief: Endress+Hauser
- International tätiger Anbieter von Dienstleistungen, Lösungen und Messgeräten für die industrielle Verfahrenstechnik
- 1953 gegründetes Schweizer Unternehmen
- Mit IIoT-Ökosystem Netilion*: Anbieter digitaler Services unter Verwendung modernster und sicherer Internet-Technologien
In unserem ersten Beispiel aus der Kategorie „Produzierende Betriebe“ berichtet Jan-Marten Claus, Leitender Ingenieur bei Salzgitter Flachstahl, über die Erfahrungen des Unternehmens bei der Einführung von IIoT in Zusammenarbeit mit Endress+Hauser, vertreten durch Hans Huber (General Manager Industrial Internet Of Things). Die folgenden Aussagen sind Zitate aus einem Podcast.
Interviewpartner Jan-Marten Claus, Leitender Ingenieur bei Salzgitter Flachstahl.
Der Start
„Bislang war es so, dass wir zu dem Messgerät hingehen mussten, um zu gucken, wie es der Maschine geht. Wir mussten auf das Display schauen und auf dem Display haben wir dann den entsprechen Zustand oder Fehlercode abgelesen. “
„Wichtig war für uns erst einmal die Erkenntnis: IoT ist gar nichts Schlimmes, sondern dass wir IoT durchaus positiv – und vor allem wertschöpfend nutzen können. Es gab sehr viele Vorbehalte und Bedenken unter den Mitarbeitenden, die wir gemeinsam mit Endress+Hauser erfolgreich – ich würde jetzt nicht sagen ausräumen – aber mit Vorteilen ergänzen konnten, sodass wir gesagt haben, es bringt uns allen etwas, wir erzielen einen Nutzen daraus.“
Die Herausforderung
„Unsere Kontibeize II wird in einem 24:7 Betrieb gefahren. Das heißt, sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag und alle zwei Wochen haben wir einen kurzen, aber völlig durchgeplanten Reparaturstillstand. Das wiederum bedeutet: Es muss alles gut funktionieren, wir müssen ‚ziemlich‘ digital sein und auch die Messtechnik muss reibungslos laufen. Mit meinem Instandhaltungsteam sind wir allein für die Kontibeize II und die dazugehörigen Nebenanlagen auf diverse digitale Hilfsmittel angewiesen, um schnell und effizient zu sein – zum Beispiel bei einer Störung die Ursachen zu finden und sie umgehend beheben zu können. “
„Wenn man bedenkt, wie rau das Umfeld aussieht, vor allem im groben Maschinenbau, und von was für Motorleistungen wir sprechen. Da geht es um 4 x 25 MW Einspeiseleistung auf 30 KV. Das ist schon eine Herausforderung – auch was die Instandhaltung und Digitalisierung betrifft. «
„Die Daten, die wir brauchen, liegen an dem Profibus, an dem Feldbus, schon an. Jetzt braucht es eine Möglichkeit, diese Daten auch tatsächlich abrufen zu können.“
Symbolbild: Aufgerollter Flachstahl.
Das Ziel
„Wir wollen zusehen, dass wir einen Überblick über die Messtechnik haben, sodass wir wissen, wie es unserer Messtechnik geht, ohne zu jedem Messgerät hingehen zu müssen. Wir möchten vorbeugend warten und instand halten können. Und wir wollen sehen: Was machen die „Jungs“ da draußen.“
„Nur mit digitaler Infrastruktur und entsprechenden digitalen Hilfsmitteln ist es in so einem komplexen hochautomatisierten Bereich möglich, die Anlage mit einer Verfügbarkeit von > 85 % betreiben zu können – das ist die die Zielsetzung.“
Der Weg
„Wir sprechen hier von ca. 13 Automatisierungsgeräten, die alle komplett vernetzt sind: SPSen oder auch schnelle Regelsysteme und diverse Klein-SPSen. Das bedeutet, wir haben einen sehr umfangreichen Feldbus, mit ungefähr 2.500 Teilnehmern, die über den Profibus DP komplett vernetzt sind.“
„Da kommt dann IoT ins Spiel, sodass wir diese Daten – schwerpunktmäßig die Zustandsdaten der Messtechnik – abrufen können. Das Ganze heißt jetzt natürlich, dass wir eine Internetverbindung bis runter in den Feldbus haben, die dann natürlich entsprechend abgesichert ist. Da gibt es bei uns, bei Salzgitter Flachstahl, einen entsprechenden Prozess der Bewertung der Datensicherheit: Eine sogenannte Schutzbedarfsanalyse.“
Das Ergebnis
„Wir nutzen u.a. die Dokumentationsmöglichkeit – ich kann ein Messgerät anklicken, bekomme dazu meine Dokumentation und alles ist vernetzt. Ich muss nicht parallele Datenhaltung betreiben. Ich muss nicht zum Messgerät hingehen, das ich im Prozess habe, sondern ich gucke von fern drauf und sehe, wie es ihm geht. Gleichzeitig bekomme ich eine Übersetzung von meinem Hexadezimalcode und dann sehe ich im Klartext, welcher Fehler ist das.“
„Ich bekomme auch aus Nachbaranlagen oder anderen Bereichen Anfragen: Was macht ihr denn da? Können wir das bei uns auch nutzen? Wir überlegen dann teilweise, wie wir diese IoT-Lösung auf andere Anlagen und Bereiche adaptieren können. Es ist durchaus ein Thema. Wir haben auch diverse andere IoT-Business-Cases, an denen wir intensiv arbeiten.“
Hier klicken, um zum kompletten Bericht zur Sicherung von Verfügbarkeiten durch IoT auf der Website von IoT Use Case zu gelangen.
Hier klicken, um in den dazugehörigen Podcast reinzuhören: „Salzgitter Flachstahl und Endress+Hauser berichten“.
*Was ist Netilion? Netilion ist ein cloudbasiertes, herstellerübergreifendes IIoT-Ökosystem von Endress+Hauser speziell für Industrieprozesse. Es verbindet die physische mit der digitalen Welt und sendet die Daten aus dem Feld sicher auf das gewünschte Endgerät, wie z. B. das Smartphone.
Für KMU des produzierenden Gewerbes gibt es in unseren IoT-Fokusgruppen die Gelegenheit für den intensiven Erfahrungsaustausch untereinander zum Einsatz der Technologie – unabhängig vom aktuellen Kenntnisstand.
Bildnachweise:
Fotos zur Verfügung gestellt von
Weiterführende Quellen:
Scheel & Bender (2021): „Industrial Internet of Things(IIoT)-Plattformtypen im Maschinen- und Anlagenbau“