Leitfäden

Die Produktentwicklung an den 3D-Druck ausrichten

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Der 3D-Druck ist längst in der Prototypenentwicklung etabliert und wird immer öfter auch für die industrielle Produktion genutzt. Dabei bietet der 3D-Druck aufgrund der Reduktion von Kosten, Material und Gewicht große Vorteile gegenüber traditionellen Verfahren. Doch in Bezug auf das Design und die Konstruktion von 3D-gedruckten Teilen gibt es einige Herausforderungen und Besonderheiten, auf die geachtet werden sollten.

Denn nicht jedes Produkt, dass zuvor mit traditionellen Fertigungsverfahren produziert wurde, eignet sich auch für den 3D-Druck. Zudem lässt sich auch nicht jede Produktkomponente 1:1 für den 3D-Druck verwenden. Um die additive Fertigung sinnvoll nutzen zu können, sollte das Design und die Funktionalität der zu druckenden Teile verbessert werden.

Dieser Leitfaden zeigt Dir, wie Du Deine bisherige Produktentwicklung auf Basis traditionellen Fertigungsverfahren analysierst und auf die Anwendung von 3D-Druck anpasst. Dabei gilt: Bisherige Erfahrungen ausblenden und sich komplett auf die neuen Gegebenheiten im 3D-Druck einlassen. Es wird eine neue, aber spannende Welt, in der Du Dich bewegen wirst!

1.

Die grundlegenden Vorteile von 3D-Druck verstehen

1.
Die eigentliche Stärke der additiven Fertigung liegt darin, dass sie die Nutzung von Geometrien ermöglicht, die für die Herstellung mit anderen Verfahren nicht geeignet sind.

Dabei schafft der 3D-Druck Designern und Ingenieuren einen großen Kreativitätsspielraum, in dem sie bisher unhaltbare, geschwungene und abstrakte Konstruktionen entwickeln können. Mit speziellen Softwaresystemen lassen sich so Geometrien optimieren und bisher nicht realisierbare Geometrien drucken.

Durch eine Optimierung der Geometrie wird zudem die Materialverschwendung verringert, da nur so viel Material verwendet wird, wie für die funktionalen Anforderungen des Teils erforderlich ist. Eine optimierte Geometrie kann auch die Gesamteffizienz des Endproduktes deutlich verbessern, sei es durch die Reduzierung des Gewichts oder die Optimierung seiner Funktion.

Aufgrund dessen macht es wenig Sinn, Produktionsteile zu drucken, die eigentlich für andere Fertigungsverfahren entwickelt wurden. Obwohl viele Unternehmen, die im Umgang mit 3D-Druck bereits erfahren sind, genau dies wissen, stellt sich eine Umstellung der gesamten Produktentwicklung trotzdem als nicht einfach heraus. Die meisten Unternehmen verfügen (noch) nicht über das Wissen und die Erfahrung, um die Teile für die additive Fertigung so zu konstruieren, dass das Potenzial der Technologie voll ausgeschöpft werden kann.

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2.

Ziele setzen und Informationen sammeln

2.
Um ein Produktteil mit Hilfe von 3D-Druck drucken zu können, musst Du Dir im ersten Schritt Gedanken über Dein Zielprodukt machen:

    • Was für Produkte/Parts sollen hergestellt werden?
    • Welchen Zweck verfolgt das Produkt/Teil?
    • Welche Produktanforderungen gibt es?
    • Welche Zielsetzung verfolgt der Druck des Produktes/Teils?
    • Was möchtest Du insgesamt damit erreichen?

Je nach Zielobjekt entscheidet sich nicht nur das Design und die Konstruktion der Teile, sondern auch das zu wählende 3D-Druck Verfahren. Die gewählten Designtechniken dabei stark von der verwendeten Technologie ab.

Basierend auf dem gewählten Verfahren können so auch bestimmte Fehler im Vorhinein vermieden werden, indem beispielsweise die Oberflächenbeschaffenheit optimiert, die mechanischen Eigenschaften des Teils maximiert oder die Reinigung erleichtert wird. Insgesamt kann so allein durch die Wahl des richtigen Verfahrens schon generell an Zeit, Material und Geld gespart werden.

Nachdem Du Dich also mit der Zielsetzung des Produktes beschäftigt hast, solltest Du Dich zudem mit den verschiedenen 3D-Druck Verfahren auseinandersetzen. Jedes Verfahren birgt je nach Produktzielsetzung seine Vor- und Nachteile.

3.

Design for Additive Manufacturing (DfAM)

3.
Nachdem die Ziele gesetzt wurden und sich erste Gedanken über das zu produzierende Produkt gemacht wurden, wird sich nun im nächsten Schritt mit dem genauen Design des Produktes auseinandergesetzt.

In der additiven Fertigung gibt es sehr spezifische Designregeln und -Werkzeuge, die es Dir ermöglichen, ein optimiertes Design zu erstellen, das in 3D gedruckt werden kann. Diese Methoden werden im Allgemeinen unter dem Begriff „Design for Additive Manufacturing“ (DfAM) zusammengefasst, um die funktionale Leistungsfähigkeit des Bauteils, aber auch seine Kosten, Zuverlässigkeit usw. so weit wie möglich zu optimieren.

Die wichtigsten Designtechniken in diesem Zusammenhang sind die Topologieoptimierung, das generative Design und die variablen Gitterstrukturen. Diese drei Bereiche werden wir uns nun kurz anschauen.

3.1

Verschiedene Designtechniken kennenlernen

3.1
Wie bereits genannt gibt es beim 3D-Druck verschiedene Designtechniken wie z.B. die Topologie Optimierung, das generative Design oder zusätzliche Gitterstrukturen.

Die Designtechniken verfolgen alle gemeinsam das Ziel, die zu die gegebenen Belastungen der zu druckenden Teile möglichst leicht zu gestalten. Dadurch wird zum einen weniger Material bei der Herstellung benötigt und zum anderen führt dies auch zu Einsparungen im Betrieb.

Die Topologieoptimierung ist ein Verfahren aus dem Bereich der Strukturoptimierung, welche seit vielen Jahren von Maschinenbau- und Bauingenieuren eingesetzt wird. Ziel dabei ist es, günstige Grundgestalten, (also Topologien) für Bauteile unter mechanischer Belastung zu ermitteln. Ein Beispiel dafür wäre die Menge des verwendeten zu minimieren und gleichzeitig deren mechanische Festigkeit zu erhalten.

Beim generativen Design handelt es sich um Designverfahren, bei dem mit Hilfe KI-basierter Software mehrere Designlösungen erzeugt werden, die bestimmte Anforderungen erfüllen. Die KI wird eingesetzt, um neue leistungsstarke Designiterationen zu entwickeln und so komplexe Anforderungen zu lösen. Beispiele dafür sind die Reduktion des Gewichts von Bauteilen und Fertigungskosten bei gleichzeitiger skalierbarer Maßanfertigung und Verbesserung der Leistung.

Bei der Herstellung hochkomplexer Bauteile können außergewöhnliche Bauteile mithilfe von variablen Gitterstrukturen schnell und ressourceneffizient realisiert werden. Diese Gitterstrukturen können durch variable Gestaltungsparameter vielseitige Geometrien annehmen und so mechanisches Verhalten maßgeschneidert abbilden oder eine Anwendungen optimieren. Durch ihre offene dreidimensionale Struktur lassen sich die Gitter schneller fertigen und sind deutlich leichter als konventionelle Bauteile bei gleichzeitig geringerem Materialverbrauch und niedrigeren Herstellungskosten.

3.2

Die Grundregeln des DfAM

3.2
Damit dein Bauteil am Ende auch erfolgreich gedruckt wird, solltest Du beim Design und der Konstruktion der Teile auf ein paar Regeln achten. Die folgenden fünf Faktoren sollten daher in Deinem Gestaltungsprozess berücksichtigt werden:
    1. Verfahren:
      Wähle die richtigen Herstellungsverfahren, da diese die Richtung des Designs bestimmen.
    2. Gestaltung:
      Halte Dich an die Gestaltungsrichtlinien der gewählten Hauptfertigungsverfahren.
    3. Werkstoff:
      Entwerfe Produkte im Hinblick auf das gewählte Material. Verschiedene Materialien haben auch unterschiedliche Fertigungsanforderungen.
    4. Prüfen:
      Entwerfe das Teil so, dass eine einfache Inspektion und Prüfung möglich ist.

3.3

Die Prinzipien des DfAM

3.3
Neben diesen grundlegenden Regeln gibt es zusätzlich auch weitere Prinzipien, die Dir helfen, ein optimales 3D-Druck Bauteil zu entwickeln. Diese folgenden allgemeinen Prinzipien und bewährten Verfahren sind unabhängig von der Art des Teils oder der Technologie immer relevant:

Minimiere die Anzahl der Teile:
Die Verwendung von weniger Teilen senkt die Kosten und verbessert die Effizienz der Bauteile. Sobald Du die Gesamtzahl der Komponenten verringerst, verringerst Du auch die Schwierigkeiten bei der Montage und erleichterst zugleich die Inspektion und Prüfung der Teile. Versuche also die montierten Teile nach Möglichkeit in einem einzigen Bauteil zusammen zu bringen.

Verwende Standardkomponenten:
Um die Vorlaufzeiten zu verkürzen, die Stückliste zu reduzieren und die Beschaffung zu vereinfachen, kannst Du die Anzahl der speziell angefertigten Teile reduzieren und sie durch Standardkomponenten ersetzen. Wenn Du zusätzlich multifunktionale Teile entwickelst, kann dieses Teil auch gleichzeitig mehrere Funktionen erfüllen (z.B. Strukturteil und gleichzeitig wärmeableitendes Element).

Berücksichtige die Nachbearbeitung der Komponenten:
Arbeitsschritte wie Lackieren, Polieren oder das Bearbeiten der Teile, die nach dem eigentlich 3D-Druck durchgeführt werden müssen, können im Voraus vermieden werden. Dazu solltest Du am Anfang festlegen, welche Abmessungen des Teils wirklich kritisch sind und welche Nacharbeit für welche Komponenten anfallen.

Den allgemeinen Anwendungsfall berücksichtigen:
Achte beim 3D-Druck auch auf den Anwendungsfall, bei dem das Teil am Ende verwendet wird. Teile, die beispielsweise für die automatisierte Montage bestimmt sind, erfordern bestimmte Ausrichtungsmerkmale. Diese bestimmten Regeln und Anforderungen solltest Du bereits beim Design und der Konstruktion des Teils berücksichtigen.

Auch wenn wir Dir mit diesem Leitfaden keine direkte Designvorlage mitgeben können, können Dir die einzelnen Schritte einen besseren Überblick über den Designprozess beim 3D-Druck geben. Achte auf die genannten Punkte und Du wirst das Design und die Konstruktion der 3D-Druck Teile als Großes und Ganzes sehen.

Solltest Du weitere Fragen oder Anregungen zu diesem Thema haben, melde Dich doch gerne bei uns. Wir stehen Dir gerne jederzeit zur Seite und helfen Dir, bei der Digitalisierung Deines Unternehmens.

Weiterführende Informationen:

3D Natives (2020): „Topology optimization for 3D printing“
3D Natives (2020b) „Experteninterview: Wie funktioniert Design for Additive Manufacturing?“
AMFG (2020): „Application Spotlight: 3D-Printed Brackets“
Formlabs (2021): „Design for Manufacturing With 3D Printing“
Liang Meng et al. (2018): „From Topology Optimization Design to Additive Manufacturing „
Eckhoff (2018): „Optimize Additive Manufacturing Designs for Cost and Function“

Bildnachweise:
By undraw und Pixabay

Autor Isabella Becker

Hi, ich heiße Isabella und bin derzeit Masterstudentin im Studiengang "Digital Business and Innovation Management" an der FH Münster. Durch meinen thematischen Schwerpunkt auf Digitalisierung und Innovation kann ich mein Wissen und meine Erfahrungen in das Digitalradar Münsterland einbringen, um kleinen und mittelständischen Unternehmen aus dem Münsterland dabei zu helfen, die Digitalisierung in ihrem Unternehmen voranzutreiben. Du hast Fragen, Anregungen oder möchtest Dich einfach mit anderen über die Digitalisierung von KMUs austauschen? Dann schreibe mir doch gerne eine Nachricht. Ich freue mich über einen Austausch!


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