Digitale Unternehmen wie Airbnb, Uber, PayPal und Co. mit Plattform- oder datenbasierten Geschäftsmodellen bringen stetig neue Produkte und Serviceangebote hervor, welche die Spielregeln auf Märkten radikal ändern können. Eines der prominentesten Beispiele ist der Wechsel vom bis dahin marktbeherrschenden Nokia-Handy zum Smartphone (iPhone), eingebettet in ein Plattform-Geschäftsmodell (iStore) zur Mitte der 2000er-Jahre. Angefangen in klassischen Endkunden-Märkten (B2C) vollziehen sich diese Entwicklungen nun zunehmend in Geschäftskunden-Bereichen (B2B).
Als Konsequenz aus den privaten Nutzererlebnissen steigen die Kundenanforderungen im Hinblick auf die Einfachheit und Vernetzungsfähigkeit von Produkten und Services. Für Hersteller von Maschinen und Anlagen bedeutet dies, dass eine reine Befähigung durch digitale Komponenten und Vernetzungsmöglichkeiten im Sinne eines „Internet der Dinge“ (engl. Internet of Things, IoT) langfristig nicht ausreichend ist, um die Wettbewerbsvorteile aufrecht erhalten zu können.
Vielmehr deuten Studien darauf hin, dass sich die Umsätze im Maschinen- und Anlagenbau bis zu 2/3 in Richtung von Servicegeschäften verschieben werden (LINK). Folglich muss sich der Fokus von reinen Produktinnovationen auf eine ganzheitliche Betrachtung der Geschäftsmodelle richten, was bisher nur bei wenigen Unternehmen strategisch getan wird. Dieser Beitrag beantwortet die wichtigsten Fragen zu Geschäftsmodell-Innovationen im Maschinen- und Anlagenbau und zeigt, welche Antworten andere darauf bereits gefunden haben.
1.
Zukunftsfähigkeit des eigenen Geschäftsmodells hinterfragen
Ein Geschäftsmodell beschreibt das Grundprinzip, nach dem eine Organisation Werte für seine Kunden schafft und damit Geld verdient (vgl. Osterwalder & Pigneur, 2010).
Damit etablierte Industrieunternehmen nicht eines Tages vor einer ähnlich großen Herausforderung stehen, gilt es jetzt das „Heft des Handelns“ in die Hand zu nehmen und das eigene Geschäftsmodell kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Dabei gilt es, neue Wege zu finden, um die Kunden noch besser an das eigene Unternehmen zu binden und zusätzlich neue Umsatzquellen aufzubauen.
2.
Technische Infrastruktur schaffen oder modernisieren
- Bei welchen Geschäftsprozessen gibt es Medienbrüche und wie können diese durch den Einsatz digitaler Technologien reduziert / abgebaut werden?
- Was sind die kritischen Prozesse und wie können diese durch IT-Einsatz besser gesteuert werden?
- Wie können bestehenden Anlagen und Fertigungsmaschinen in die IT-Infrastruktur eingebunden werden (Retrofit)?
3.
Technologie- und Markttrends analysieren
- Welche Vorteile bietet die Anbindung unserer Maschinen und Anlagen (intern und extern) an eine digitale Plattform? (Industrial IoT)
- Wie können bestehende Datentöpfe durch Algorithmen wertschöpfend genutzt werden? (Künstliche Intelligenz)
- Was wäre, wenn wir vollständige Transparenz über die gesamte Lieferkette erreichen oder garantieren könnten? (Blockchain)
- Wo könnten unsere Fertigungsprozesse durch additive Fertigungsverfahren erweitert oder ersetzt werden? (3D-Druck)
4.
Die Kundenschnittstelle besetzen
5.
Den Wandel zum Lösungsanbieter meistern
6.
Für welche Dienste sind Dein Kunden bereit zu zahlen.
7.
Digitale Transformation vs. Unabhängiger Neuaufbau
- Digitale Transformation: Digitale Transformation des bestehendes Geschäftes, IoT-Befähigung der eigenen Produkte und Entwicklung zusätzlicher Dienstleistungen (Digital erweitertes Geschäftsmodell)
- Unabhängiger Neuaufbau: Aufbau eines völlig neuen, digitalen Geschäftsmodells unabhängig vom bisherigen Kerngeschäft (Plattform- oder datenbasiertes Geschäftsmodell)
7a
Digitale Transformation des etablierten Geschäftsmodells
7b
Neuaufbau eines unabhängigen Digitalgeschäftes
- Wie kann ich die Transaktionskosten in einer digital vernetzten Welt reduzieren?
- Welche Prozesse, die ich derzeit selbst erledige, könnten auch durch externe Partner (z. B. Lieferanten, Kunden) von mir übernommen werden?
- Welchen zusätzlichen Wert können externe Partnern Datenströme über die Produktnutzung für meine Kunden generieren?
- Wie kann die Interaktion mit meinen Kunden verbessern und mehr über deren Bedürfnisse erfahren?
8.
Anschluss zu innovativen Partnern finden
Weiterführende Quellen:
- Bundesministerium für Wirtschaft und Verwaltung (BMWi) (2019): „Digitale Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0“. Plattform Industrie 4.0. Ergebnispapier. Berlin
- Palm, Ranz & Gulding (2018): „Geschäftsmodelle für die Industrie 4.0. Erfolgsfaktoren, Hindernisse und Anwendungsbeispiele.“ ESB Business School. Im Auftrag der Baden-Württemberg Stiftung. Reutlingen
- Parker, Van Alstyne & Choudary (2017): „Die Plattform-Revolution. Von Airbnb, Uber, PayPal und Co. lernen: Wie neue Geschäftsmodelle die Wirtschaft verändern. Methoden und Strategien für Start-ups und Unternehmen.“ mitp Verlags GmbH & Co. KG, Frechen
- Rauen et al. (2018): „Plattformökonomie im Maschinenbau. Herausforderungen-Chancen-Handlungsoptionen.“ VDMA, Roland Berger GmbH
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