Leitfäden

Produktdokumentation im Zeitalter der Digitalisierung erstellen

LinkedIn

Die Anforderungen an die Produktdokumentation sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. In einigen industriellen Bereichen sind die Vorschriften sehr komplex geworden, wodurch auch die Kosten für die Dokumentation gestiegen sind. Unter dem Begriff „Produktdokumentation“ werden verschiedene Informationsprodukte zusammengefasst, welche die Nutzung eines Produkts in unterschiedlichen Lebensphasen (Montage, Betrieb, Wartung, etc.) strukturiert beschreiben.

Gleichzeitig wurden aber zahlreiche Methoden und Softwarelösungen entwickelt, die eine deutlich effizientere Arbeitsweise und höhere Qualität für den Produkthersteller gewährleisten. Dadurch können dem Kunden heute wesentlich mehr Informationen zur Verfügung gestellt werden, die zu einem Mehrwert für den Kunden und den Lieferanten werden.

Wie kann die Produktdokumentation Mehrwerte für Kunden und Lieferanten generieren? Dieser Leitfaden zeigt, wie Produktdokumentationen im Zeitalter der Digitalisierung erstellt werden können, die zum einen die normativen Anforderungen an das Informationsprodukt erfüllen und gleichzeitig nutzerorientierte Mehrwerte bieten.

1.

Gesetzliche und normative Vorgaben

1.
Eine Vielzahl von gesetzlichen und normativen Vorgaben regulieren die Produktdokumentation. Diese umfassen abhängig vom Produkt, die Gestaltung, Struktur und Inhalt der Produktdokumentation sowie die Herstellerhaftung. Maßgeblich dafür ist das Produkthaftungsgesetz, welches festlegt, dass der Hersteller eines fehlerhaften Produkts „dem Geschädigten den daraus entstehenden Schaden“ zu ersetzen hat. Ein Produkt muss „sicher“ sein für den Anwender und Nutzer. Für den sicheren Gebrauch ist eine hochwertige Produktdokumentation unumgänglich. Sie erst macht das Produkt vollständig und sicher.

Beispiel: Kann eine Maschine nicht „sicher“ konstruiert werden, weil Material über einen offenen Zugang in die Maschine gelangen muss, dann sorgen Sicherheitseinrichtungen sowie eine Beschreibung der Gefahr und eben dieser Einrichtungen in der Produktdokumentation dafür, dass die Maschine „sicher“ ist.

2.

Ein Produkt-Service-System konzipieren

2.
Eine Produktinformation ist dann „digital“, wenn sie nicht nur papiergebunden verfügbar ist, sondern dem Kunden einen „echten“ Mehrwert bietet beim effizienten Betrieb einer Maschine, und zwar lebenslang. Mit einer digitalen Produktdokumentation kann ein Betreiber alle Arbeiten an der Maschine technisch richtig und sicher durchführen, alle Komponenten zuordnen und über die integrierte Darstellung („Digital Twin“) alle mechanischen und elektrischen Bauteile erkennen, Verbrauchsmittel und Ersatzteile identifizieren und direkt bestellen.

Für den Hersteller bedeutet eine digitale Produktinformation zunächst einen höheren Aufwand, den er aber über die Zeit, beispielsweise durch den Verkauf von Ersatzteilen, wieder einspielt. Betreiber komplexer Anlagen sind sogar auf eine „gute“ Produktdokumentation angewiesen, weil nur sie einen effizienten Betrieb mit entsprechender Wartung und Ersatzteilversorgung sicherstellt.

Die Produktdokumentation wird dabei immer mehr Teil eines sogenannten Product-Service-Systems (PSS). Konkret: Das Angebot eines Herstellers wird von der Bereitstellung von Produktdokumentation und dem Verkauf von Ersatzteilteilen hin zu kundenprozessorientierten und beziehungsbasierten Dienstleistungen entwickelt. Ein zentraler Erfolgsfaktor ist hierbei, das Unternehmenswissen in geeigneter Weise zu entwickeln und dem Kunden bereitzustellen.
Die Rede ist also von Dienstleistungen um das eigentliche Produkt herum, mit dem Hersteller eine weitere Erlösquelle entwickeln können. Dabei spielt die Produktdokumentation eine zentrale Rolle als Informationsträger für zahlreiche Dienstleitungen.

3.

Die Produktdokumentation um Dienstleistungen erweitern

3.
Stellt der Hersteller seinem Kunden eine integrierte digitale Produktdokumentation zur Verfügung, so kann der Kunde beispielsweise über ein mobiles Endgerät (Tablet) die Beschreibung eines Wartungsvorgangs einer Komponente herunterladen und die Arbeiten durchführen. In dieser Beschreibung können auch AR Animationen hinterlegt werden, die den Wartungsvorgang anschaulich an dem Produkt darstellen. Da der Hersteller ebenfalls die bei dem Wartungsvorgang eventuell benötigten Ersatzteile beschreibt, kann deren Bestellung über eine Schnittstelle sofort veranlasst werden.
Die Rede ist hier von einem Service-Informationssystem, welches dem Kunden alle relevanten Informationen für den effizienten Betrieb und die Wartung der Maschine bereitstellt.

4.

Eine gute Produktdokumentation erstellen

4.
Der Weg zu einer wirklich guten Produktdokumentation ist nicht einfach. Er führt von der Abklärung der Randbedingungen, in welchem Umfeld ich mich mit meinem Produkt eigentlich bewege, hin zu den einzelnen Arbeitsschritten und der Auswahl der Vorgehensweise. Diese Schritte werden im Folgenden beschrieben.

4a

Randbedingungen abklären

 
Es gibt zahlreiche Randbedingungen und Voraussetzungen, die zunächst geklärt werden müssen:
    • Welche Produkte (Maschinen, Software, etc.) stelle ich her?
    • Wie komplex ist mein Produkt (Bohrmaschine oder Kraftwerk)?
    • Welche gesetzlichen Anforderungen gibt es für mein Produkt?
    • Beliefere ich B2B oder B2C?
    • In welche Märkte und Länder liefere ich?
    • In welche Sprachen muss die Produktdokumentation übersetzt werden?
    • Wie umfangreich ist meine Produktdokumentation?
    • Wer ist die Zielgruppe der Produktdokumentation (z. B. Bediener, Wartungspersonal)?
    • Wie soll meine Produktinformation dem Kunden und anderen möglichen Zielgruppen zur Verfügung gestellt werden?
    • Wie stelle ich die Ersatzteilinformation zur Verfügung?
    • Benötige ich ein Terminologiemanagement?
    • Welcher Budgetrahmen steht zur Verfügung?

4b

Umfang und Aufwand festlegen

 
Der Aufwand für die Produktdokumentation ist eng mit dem Umfang verknüpft. Es ist wichtig diesen im Vorfeld abzuschätzen und das geeignete Tool auszuwählen.
    • Eine kleine Anleitung für ein einfaches Produkt kann mit einem einfachen Textverarbeitungssystem erstellen werden.
    • Muss ein komplexes Produkt beschrieben werden, welches möglicherweise noch zahlreiche Varianten aufweist, lohnt es sich zu prüfen, ob der Einsatz eines professionellen Redaktionssystems vorteilhaft ist. Diese sogenannten Content-Management-Systeme (CMS) verwalten die Produktdokumentation in kleinen Moduleinheiten, die man beliebig kombinieren und damit wiederverwenden kann.
    • Ersatzteillisten für kleine Produkte lassen sich über eine einfache Ersatzteilzeichnung und eine Komponentenbeschreibung erzeugen.
    • Ersatzteilkataloge für komplexere Produkte erzeugt man mit einer entsprechenden Katalogsoftware, die Zeichnungsdaten und Stücklisten automatisch verknüpft und darstellt. Dies gilt sowohl für die mechanischen wie die elektrischen Komponenten, die über Schaltpläne direkt angeklickt werden können. Die nativen CAD-Daten können direkt verarbeitet werden. Ergänzt um eine Shop-Funktion kann der Kunde das Ersatzteil direkt beim Hersteller bestellen.
    • Die Anschaffung, die Einrichtung und auch der Betrieb solcher Systeme sind kostenintensiv, aber gerade für mittlere und größere Industrieunternehmen mit komplexen Produkten rechnet sich der Einsatz sehr schnell. Zumal solche Systeme – und da sind wir wieder bei der Digitalisierung – formatunabhängig die Produktinformation ausleiten können und Produktdokumentationen über spezielle Suchanfragen sehr genau genutzt werden können.

Die Prüfung, ob sich der Einsatz solcher Systeme lohnt sowie die anschließende mögliche Einführung eines solchen Systems übernehmen spezialisierte Dienstleister. Das Vorgehen dazu ist standardisiert.

4c

Verantwortlichkeiten abklären

 
Die Erstellung der Produktdokumentation erfordert qualifiziertes Personal sowie funktionierende Prozesse innerhalb des Unternehmens, um den internen Zugang zu den Produktinformationen sicherzustellen.
    • Erstellt wird eine Produktdokumentation im besten Fall von einem Technischen Redakteur, der über die für das Produkt notwendigen technischen Kenntnisse verfügt und die einschlägigen Normen für die Erstellung einer Produktdokumentation kennt.
    • Der Einkauf ist ein wichtiger Partner der Technischen Redakteure, da häufig Komponenten von Lieferanten verbaut sind und entsprechend in die Produktdokumentation zu integrieren sind. Es empfiehlt sich, eine Anforderungsrichtlinie für die Produktdokumentation jeder Bestellung beizugeben.
    • Auch der Vertrieb sollte die Anforderungen an die Produktdokumentation schon in der Verkaufsphase mit dem Kunden klären. Auch hier gilt: Je komplexer das Produkt, desto mehr Gewicht sollte auf der Abklärung dieser Fragen liegen, sonst kann es später teuer werden.

Jetzt weißt Du, wie die Dokumentation Teil Deiner Digitalisierungsstrategie werden kann und echte Mehrwerte für Dich und Deine Kunden bietet. Falls Du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, melde Dich doch gerne bei uns. Wir stehen Dir jederzeit mit unserem Netzwerk zur Seite.

Weiterführende Quellen und Links

Fachverbandes für Technische Kommunikation: https://www.tekom.de
Kaiser (2020): „Technische Produktdokumentation – Die Methoden der Produktbeschreibung und ihre Rolle in den Prozessen“

Bildnachweise:

Photo by Pixabay on Pexels
Photo1 by Shutterstock
Photo2 by Shutterstock
Photo3 by Andrea Piacquadio on Pexels
Photo4 by Scott Graham on Unsplash


Schreibe einen Kommentar