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Prozessanalysen durchführen und gestalten

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Aktiver Verbesserung geht immer eine Bestandsaufnahme voraus. Dies gilt auch für die Entwicklung und Optimierung von Geschäftsprozessen. Erst nach einer Analyse der Ist-Situation kannst Du Dir strukturiert Gedanken machen, wie eine optimierte Soll-Situation aussieht und wie man diese erreichen kann.

Gerade bei der Aufnahme und Dokumentation von Geschäftsprozessen musst Du sehr genau sein, denn diese sind häufig komplizierter und detaillierter, als es auf den ersten Blick scheint. Die gute Nachricht ist aber: Wenn Du ein paar Grundlagen berücksichtigst, kannst Du ganz strukturiert Prozesse aufnehmen und bekommst zügig verwertbare Ergebnisse. Diese helfen Dir dann, Ideen für Verbesserungen zu entwickeln und umzusetzen.

Willst Du wissen, wie Du eine Prozessanalyse bei Dir im Unternehmen durchführst? In den folgenden Abschnitten lernst Du, wie Du ganz konkret eine Prozessanalyse angehen kannst und schnell gute Ergebnisse erzielst.

1.

Einen Prozess verstehen

1.
Ein Prozess ist eine Abfolge von Aktivitäten, die aus einem vorgegebenen Input einen gewünschten Output erzeugen:
    • Ein Prozess beginnt immer mit einem Auslöser, der den Ablauf in Bewegung setzt. Das kann zum Beispiel der Anruf eines Kunden sein oder das Eintreffen einer Rechnung. Dieses löst die Abfolge von sogenannten Aktivitäten aus.
    • Im Rahmen dieser Aktivitäten wird etwas in den Prozess eingebracht, das ist der Input. Das kann Material, Arbeit, Energie, Maschinen oder Informationen sein.
    • Und am Ende des Prozesses steht dann der gewünschte Output als Ergebnis, z.B. ein fertiges Produkt oder eine Dienstleistung. Dieser Output muss nicht zwangsläufig für einen Kunden sein. Es kann auch innerhalb des Betriebes einen Nachfrager beziehungsweise einen Empfänger geben. So kann zum Beispiel eine Konstruktionsabteilung als Output des Konstruktionsprozesses die Montagepläne für die firmeneigene Monteurs-Kolonnen erstellen.

Prozesse werden häufig in drei Kategorien unterteilt:

    • Kernprozesse: starten mit dem Kundenwunsch und enden mit dessen Erfüllung
    • Unterstützende Prozesse: helfen bei der Durchführung der Kernprozesse und erzeugen keinen direkten Kundennutzen
    • Managementprozesse: enthalten planende und steuernde Aufgaben

2.

Die Aktivität ist die Grundlage eines jeden Prozesses

2.
Die „Hauptkomponente“ in einem Prozess ist die sogenannte Aktivität. Eine Aktivität ist ein konkreter Arbeitsschritt innerhalb eines Prozesses und ist Teil der Leistungserstellung. In einem Prozess laufen also viele Aktivitäten hintereinander oder sogar parallel ab, bis dann am Ende der Output, also die Leistung, fertig ist. Hier ein paar Beispiele für Aktivitäten:

Bestellung beim Lieferanten aufgeben, Kunde ruft an etc.

Bei der Erfassung und Formulierung einer Aktivität kannst Du gröber oder detaillierter vorgehen, je nachdem welcher Prozess oder Prozessteil optimiert werden soll. Zum Beispiel:

Grob: Innendienst nimmt Bestellung an vs. Fein: Das Telefon klingelt

Soll der Einkaufsprozess betrachtet werden, der durch die Bestellung eines Kunden ausgelöst wird, reicht wahrscheinlich die grobe Beschreibung. Möchtest Du den Bestellannahmeprozess optimieren, ist es sinnvoll, detailliert vorzugehen und mit dem klingelnden Telefon zu starten.

Es gibt hier kein richtig oder falsch, es muss zweckmäßig sein!

3.

Prozess-Stammdaten aufnehmen

3.
Zuerst werden die Prozessstammdaten aufgenommen bzw. erstellt:
    • Denk Dir zuerst einen passenden Prozessnamen aus, z.B. Auftragsbearbeitung
    • Ergänze mit wenigen Worten eine Kurzbeschreibung, die dann später detailliert ausgearbeitet wird
    • Informationen zur Einordnung des Prozesses können hilfreich sein
    • Hinweise zu vorherigen und späteren Prozessen und Teilprozessen können bei einer Optimierung unterstützen
    • Der Prozessauslöser und die Ablauffrequenz sollten hier auch direkt dokumentiert werden
    • Das anvisierte Ziel bzw. der gewünschte Output ist eine wichtige Information

Wenn Du diese Stammdaten einmal erfasst hast, kannst Du zur detaillierten Beschreibung übergehen.

4.

Prozessbeschreibung erstellen

4.
Jetzt geht es darum, alle Arbeitsschritte zu erfassen, die zwischen Auslöser und Output liegen. In der Praxis haben sich die folgenden vier Schritte bewährt:

  1. Schreibe den gesamten Ablauf als Fließtext in Alltagssprache auf.
  2. Grenze die einzelnen Arbeitsschritte im Text voneinander ab. Dazu kannst Du z.B. verschiedenfarbige Textmarker benutzen.
  3. Reduziere die einzelnen Aktivitäten auf kurze, prägnante Aussagen „Subjekt – Prädikat – Objekt“.
    Zum Beispiel wird „Der Auftrag wird vom Innendienst entgegengenommen“ zu „Innendienst nimmt Auftrag an“.
  4. Liste die Aktivitäten chronologisch auf. Gibt es Entscheidungssituationen, erstelle einfach zusätzliche Listenabschnitte mit Verweisen.

5.

Prozess um Informationen ergänzen

 
Jetzt geht es darum, an den chronologisch aufgelisteten Aktivitäten Informationen zu ergänzen, die für die Prozessanalyse und später die Optimierung relevant sein könnten. Fragen, die Du dabei beantworten solltest, sind:

  • Wer ist am Prozess beteiligt?
  • Welche externen Akteure müssen einbezogen werden (Lieferanten, Kunden etc.)?
  • Welche Dokumente sind für den jeweiligen Prozessschritt relevant?
  • Welche Software wird eingesetzt?
  • Welche sonstigen Hilfsmittel kommen zum Einsatz (Barcode-Scanner, Werkzeuge, Kopierer etc.)?

6.

Handschriftliche Prozessmodellierung

6.
Natürlich gibt es eine Vielzahl von spezialisierten Apps und Software für das Prozessmanagement und die Prozessdokumentation, deren Einsatz ist aber für den Einstieg nicht zwingend nötig. Starte am besten analog mit Zettel und Stift. Es bietet sich an, einzelne Aktivitäten auf Karteikarten oder bunten Notizzetteln zu notieren. Zum einen kannst Du diese dann später flexibel auf einem Tisch oder Whiteboard hin und herschieben und den Prozess neugestalten. Zum anderen könntest Du z.B. alle Aktivitäten der Abteilung A auf rote Karten schreiben, alle Aktivitäten der Abteilung B auf blaue usw. So kannst Du unter anderem sehr gut den Abstimmungsbedarf zwischen Abteilungen innerhalb eines Prozesses herausarbeiten.

7.

Tabellarische Prozessmodellierung

7.
Für die tabellarische Darstellung eines Prozesses eignet sich ein herkömmliches Tabellenkalkulationsprogramm. Der Vorteil hier ist die Flexibilität in der Anlage und Formatierung der Prozessbeschreibung, sodass auch eine Analyse im Anschluss schnell durchgeführt werden kann.

Während sich mit einer Tabelle chronologische Abfolgen gut darstellen lassen, muss bei Entscheidungssituationen gegebenenfalls mit Verweisen und weiteren Tabellenabschnitten gearbeitet werden. Darunter leidet dann ein wenig die Transparenz. Möchtet Ihr „oder“- beziehungsweise Entscheidungssituationen übersichtlich darstellen, ist vielleicht ein sogenanntes Flow-Chart die richtige Wahl.

8.

Prozessmodellierung im Flow Chart

8.
Für die Erstellung von Flow Charts gibt es eine Vielzahl von Konzepten mit umfangreichen Regelwerken. Für den ersten Einstieg reicht es aber, wenn Du einfach nur ein paar Grundlagen auf dem Schirm hast. Das abgebildete Flow Chart zeigt wieder den Beispiel-Prozess aus der Tabelle, erweitert um einige Entscheidungssituationen.

Was als Erstes ins Auge sticht, sind die verschiedenen Formen. Diese werden in der Regel Shapes genannt:

    • Die Ovale sind Anfang und Ende
    • Grünen Rechtecke sind die Aktivitäten
    • Die blauen Rauten sind sogenannte Gateways, mit denen Entscheidungspunkte im Prozess dargestellt werden.
    • Über Pfeile, auch Verbinder genannt, werden die Aktivitäten miteinander verknüpft.

Ein weiteres Feature, was Du bei dieser Art der Darstellung nutzen kannst, sind die Swim Lanes, also Schwimmbahnen, hier am linken Bildrand betitelt. In diesem Fall sind das die am Prozess beteiligten Abteilungen.

Solche Flow Charts können natürlich mit Zettel und Stift erstellt werden, empfehlenswert ist aber die Nutzung einer geeigneten Software, da dann auch im Nachhinein ergänzt und korrigiert werden kann, ohne dass alles neu gezeichnet werden muss. Die meisten Programme zur Flow-Chart-Erstellung sind relativ intuitiv zu bedienen. Ein besonders flexibles, aber auch umfangreiches Programm ist Visio aus dem MS Office Paket. Praktisch ist auch die Software Know & Share, die eine tabellarische Darstellung mit einfachen Flow Charts verbindet. Im Internet gibt es zudem eine Vielzahl von Freeware, die ebenfalls einen guten Einstieg in die Prozessdokumentation ermöglicht.

9.

Optimierungsansätze gestalten

 
Nachdem der Prozess sauber dokumentiert und mit vielen ergänzenden Informationen übersichtlich dargestellt wurde, geht es nun darum, Optimierungspotenziale aufzudecken. Dazu suchst Du am besten nach den folgenden Punkten:

  • Doppelte Strukturen oder unnötige Zwischenschritte: Die Eliminierung dieser Strukturen und Aktivitäten kann einen Prozess verschlanken, beschleunigen und natürlich Kosten sparen.
  • Medienbrüche: Wenn im Ablauf eines Prozesses verschiedene, nicht integrierte Softwarelösungen verwendet werden oder ständig zwischen Papier und der nächsten digitalen Insellösung gewechselt wird, gibt es Möglichkeiten zur Verbesserung.
  • Abstimmungsbedarfs zwischen Abteilungen: Wechselt die Zuständigkeit nach jeder einzelnen Aktivität, kann eine Umstrukturierung vielleicht zu Beschleunigung und Fehlerreduktion führen.
  • Fokussierung auf Entscheidungssituationen: Es muss sichergestellt sein, dass dem Entscheider zeitnah alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung stehen.

10.

Mehrwert der Prozessdokumentation

10.
Die Prozessdokumentation ist der Startpunkt für aktive Verbesserung. Dieses gilt insbesondere für Digitalisierungsvorhaben. Eine detaillierte Dokumentation der eigenen Prozesse kann aber auch auf andere Weise einen Wert darstellen. So gibt es in bestimmten Branchen und auch bei ISO-Zertifizierungen die Pflicht zur Dokumentation von Prozessen. Wer also plant, sich naher in Zukunft in bestimmten Bereichen zu betätigen oder zertifizieren zu lassen, muss sich zwangsläufig mit dem Thema befassen. Aber auch ohne Pflicht machen Dokumentationen Sinn. Zum einen kannst Du diese als Schulungsmaterial für eure Mitarbeiter nutzen. Zum anderen legt die Beschreibung des Soll-Prozesses den Standard fest und sorgt für die gewünschte, gleichbleibende Qualität.

Nun weißt Du, wie eine Prozessaufnahme und -analyse durchgeführt werden kann. Falls Du noch weitere Fragen oder Anregungen hast, melde Dich doch gerne bei uns. Wir stehen Dir jederzeit mit unserem Netzwerk zur Seite.

Weiterführende Quellen und Links

Gadatsch (2020): „Grundkurs Geschäftsprozess-Management“
Becker, Kugeler & Rosemann (2012): „Prozessmanagement – Ein Leitfaden zur prozessorientierten Organisationsgestaltung“

Bildnachweise:

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Autor Marius Kleinitz

Als unabhängiger Berater und Spezialist für Prozesse unterstützt softwareproduktiv kleine und mittelständische Unternehmen aus Produktion, Handwerk und Handel bei der Prozessoptimierung und der Auswahl und Einführung integrierter Softwarelösungen.


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