Leitfäden

Digitale Produkte und Dienstleistungen erfolgreich entwickeln

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Die systematische und kundenzentrierte Entwicklung digitaler Dienstleistungen ist für viele Unternehmen eine große Herausforderung. Sie erfordert neue Arbeitsweisen, Methoden und Fähigkeiten. Denn oftmals führen die traditionellen Entwicklungsansätze nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Aktuell liefern 70% der Digitalisierungsprojekte nicht die erhofften Mehrwerte.

Innovative digitale Produkte und Dienstleistungen bieten mittelständischen Unternehmen aber die Chance, nachhaltig die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, bestehenden Kunden neue Mehrwerte anzubieten oder neue Geschäftsfelder zu erschließen. Durch den systematischen Einsatz agiler und kreativer Arbeitsmethoden können Unternehmen mithilfe der eigenen Mitarbeiter:innen und mit begrenzten Ressourcen erfolgreiche, kundenzentrierte digitale Geschäftsmodelle entwickeln.

Willst Du wissen, wie sich in Deinem Unternehmen digitale Produkte und Dienstleistungen erfolgreich entwickeln lassen? Dieser Leitfaden zeigt Dir ein strukturiertes Vorgehen und gibt Dir für jeden Schritt die richtigen Methoden an die Hand.

1.

Grundlagen schaffen und verstehen

1.
Im Fokus sollte immer die Zielgruppe stehe, für die Du eine digitale Dienstleistung entwickelst. Basierend auf Design Thinking Prinzipien sollte sich dieser Prozess in folgende drei Schritte unterteilen: Entdecken, Gestalten und Evaluieren. Die systematische Unterteilung reduziert die Komplexität und ermöglicht in jeder Phase eine iterative Schleife vorzunehmen, falls die Ergebnisse noch nicht zufriedenstellend sind. Nach Abschluss jeder Phase können die Ergebnisse zudem den Entscheidungsträgern im Unternehmen vorgestellt werden.

Teilnehmende
Abhängig von der Unternehmensgröße eignen sich am besten Projektteams mit 5-20 Teilnehmern aus unterschiedlichen Abteilungen. Wenn möglich, sollten auch potenzielle Kunden bei der Entwicklung einbezogen werden.

Format
Zur Durchführung eignen sich vor allem moderierte Workshops – vor Ort und in digitaler Form – sowie die Nutzung kreativer Methoden. Hierbei solltest Du darauf achten, dass die Moderator:innen die notwendigen Fachkenntnisse und Methoden beherrschen.

2.

Potenziale Entdecken

2.
In dieser Phase solltest Du Dir die Frage stellen, für wen Du eine Lösung entwickelst. Hierzu sollten die Nutzer:innen und deren Bedürfnisse bestmöglich verstanden werden. In einem Workshop analysierst Du die adressierte Kundengruppe mithilfe der Persona Methodik, betrachtest die Kundenreise und den Kundenkontakt mithilfe der Customer Journey und identifizierst die Beteiligten, die bei der Leistungserstellung wichtige Kundenkontaktpunkte erfüllen.

Die Ergebnisse dieser Phase kannst Du gut auf einem Board zusammenfassen und den Entscheidungsträgern in Deinem Unternehmen vorzustellen.

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Eine Persona entwickeln

 
Mithilfe der Persona-Methode analysierst Du die wichtigsten Eckdaten der Zielgruppe inklusive einer detaillierten Betrachtung der Bedarfe und Probleme, die Dein Unternehmen für die Persona lösen könnte. Es kann vorkommen, dass innerhalb einer Zielgruppe mehrere unterschiedliche Personas identifiziert werden, die teilweise auch unterschiedliche Bedürfnisse aufzeigen.
Das Ergebnis dieser Phase ist ein umfassendes Verständnis für die Bedarfe und Probleme einer oder mehrerer Persona(s) der Zielgruppe.

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Die Kundenreise skizzieren

 
Nachdem die Persona(s) entwickelt ist (sind), kommt die Methodik der Customer Journey zum Einsatz. Hierbei wird nachvollzogen, welche Informationen Deine Kunden in den unterschiedlichen Phasen des Kaufprozesses benötigen und über welche Kanäle und Kontaktpunkte er oder sie diese erhalten. Zudem solltest Du betrachten, wie die Kunden bei Deinem Unternehmen einkaufen und über welche Vertriebswege (online/offline) dies erfolgt.
Nach dem Kauf ist es wichtig, die Kontaktpunkte im After-Sales zu verstehen, also wie Kunden dauerhaft betreut werden und ob diesen aktiv die Möglichkeit zur Weiterempfehlung (off- und online) angeboten wird.

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Beteiligte Stakeholder identifizieren

 
Nachdem Du mit Hilfe der Customer Journey analysiert hast, wer mit den Kunden wichtige Berührungspunkte hat, musst Du identifizieren, wer die Beteiligten an einer Lösung für die Kundenbedarfe und -probleme sein könnten. Hierzu bietet sich die Stakeholder Map an. Sie schafft eine strukturierte Übersicht der potenziell Beteiligten. So findest Du heraus, wer alles Kontakt zu Deinen Kunden hat und wer bei einer potenziellen innovativen Leistung eine wichtige Rolle spielen könnte.

3.

Lösungsansätze gestalten

3.
Basierend auf der strukturierten Übergabe aus der ersten Phase, entwickelst Du und Dein Team in der zweiten Phase konkrete Lösungsansätze für die aufgedeckten Bedürfnisse und Probleme der Zielgruppe. Dies geschieht erneut in unterschiedlichen Workshopformaten, in denen mithilfe Deiner Mitarbeiter:innen kundenzentrierte Lösungsansätze entwickelt werden.

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Ideen entwickeln, um Problem zu lösen

 
In dieser Phase werden potenzielle Ideen für die identifizierten Probleme der Persona(s) entwickelt. Hierzu greifst Du vor allem auf kreative Methoden, wie Brainwriting oder Brainstorming zurück. Dabei gilt: Alles ist erlaubt – es wird keine Idee kritisiert. Dies erfordert erfahrungsgemäß eine gute Moderation der Workshops.

Durch diese Vorgehensweise entstehen in kürzester Zeit eine Vielzahl an Ideen in der Gruppe. Eine weitere etwas gewagtere Methode ist „Kill your company“. Hierbei überlegst Du mit Deinem Team gezielt, wo Eure Unternehmens-Schwachstellen liegen. Damit könnt ihr im Team aus der Sicht eines neuen Konkurrenten potenzielle Lösungsansätze entwickeln.

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Ideen weiterentwickeln und strukturieren

 
Die vorselektierten Ideen können bei Bedarf in einer nächsten Stufe weiterentwickelt werden. Hierzu eignet sich z.B. die Methode des Ideenturms.
Aufbauend auf einer selektierten Idee wird diese in der Gruppe ergänzt bzw. weiterentwickelt.

Nach der Entwicklung von Ideen müssen diese von euch strukturiert und eingeordnet werden. Hierzu ordnet man gleichartige Ideen zunächst in Clustern. Im Anschluss können die Ideen mithilfe einer Portfolio Matrix in Bezug auf die Dimensionen altes/neues Produkt sowie alte/neue Kunden Ihrem potenziellen Verwendungszweck zugeordnet werden.

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Ideen testen und bewerten

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Ein Verständnisprototyp ist das Herzstück dieser Phase und stellt in erster Linie ein Kommunikationsinstrument dar. Er soll Dir dabei helfen, die Idee innerhalb der Organisation sowie gegenüber Außenstehenden (z.B. potenziellen Kunden aus der Zielgruppe) zu verdeutlichen. Dies geschieht zum Beispiel durch ein Papiermodell, eine Storyline, einen Kurzfilm, ein Lego Serious Business Modell oder einem sehr vereinfachten Produktprototypen in Form eines Mockups. Der Prototyp bildet die Grundlage für folgende Punkte:
    • Aus einer Idee etwas Greifbares machen
    • Das Verständnis im Team verbessern
    • Das angedachte Produkt möglichen Kunden zeigen und Feedback einholen
    • Ideen den Entscheidungsträgern vorstellen

Um die Ideen zu bewerten, bietet sich eine Bewertungsmatrix an. Damit ordnest Du die verschiedenen Ideen hinsichtlich des Mehrwertes, der Skalierbarkeit und der Machbarkeit ein.

4.

Geschäftsmodell entwickeln und bewerten

4.
Nachdem Du konkrete Lösungen entwickelt hast, musst Du überprüfen, ob diese umsetzbar und wirtschaftlich gestaltet werden können. Hierzu analysierst Du die einzelnen Bestandteile der entwickelten Idee und bringst diese in eine Geschäftsmodelllogik mithilfe des Business Model Canvas. Um die Kundenmehrwerte der entwickelten Lösung eindeutig zu identifizieren und zu quantifizieren, bietet sich eine Darstellung in einem Value Proposition Canvas an.

Die Gestaltung des Ertragsmodells entscheidet am Ende darüber, ob Du Dein Produkt wirtschaftlich vermarkten kannst oder nicht. Zur Bewertung hilft es, eine Szenarioanalyse durchzuführen und mögliche Verläufe der Vermarktung Deiner digitalen Dienstleistung zu skizzieren.

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Nachhaltigkeit überprüfen

 
Um die skizzierten Ideen und Verständnisprototypen in eine umsetzungsfähige Form zu bringen, eignet sich das Business Model Canvas (BMC) nach Ostermann. Mithilfe des BMC visualisierst Du, aus welchen Elementen sich Deine Leistungserstellung und Dein Geschäftsmodell zusammensetzt. Das BMC gibt Dir einen ganzheitlichen Überblick über das geplante Leistungsangebot.

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Alleinstellungsmerkmale quantifizieren

 
Innerhalb des BMC steht Dein Wertangebot im Zentrum der Betrachtung. Um dieses detaillierter herauszuarbeiten, kannst Du das Value Proposition Canvas nutzen.

Die Ergebnisse dieser Methode sowie den erarbeiteten Verständnisprototypen kannst nutzen, um Kundenbefragungen zur Einschätzung der Kaufbereitschaft durchführen. Somit erhältst Du Informationen aus der Zielgruppe zu potenziellen Preisen für die angedachte Leistung. Das hilft Dir dabei, das Ertragsmodell zu gestalten und zu testen.

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Ertragsmodell gestalten

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Das Ertragsmodell entscheidet über die Wirtschaftlichkeit Deines Geschäftsmodells. Die einzelnen Elemente der angedachten Lösung sollten hinsichtlich Ihrer Monetarisierung überprüft werden.
    • Werden alle Elemente oder nur Einzelne monetarisiert?
    • Wie soll das Erlösmodell aufgebaut werden?
    • Ist es transaktionsbasiert (Bezahlung gegen Transaktion oder Leistung)?
    • Ist es nicht transaktionsbasiert (z.B. Abomodell)?
    • Soll ein direkter Erlös generiert werden (Kunde bezahlt die Leistung)?
    • Soll ein indirekter Erlös generiert werden (Leistung wird durch Dritte z.B. in Form von Provision bezahlt)?
    • Erwirtschaftet das Ertragsmodell positive Finanzflüsse und Ergebnisse oder bedarf es zusätzlichen, stabilisierenden Strategien?

Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung, z.B. auf Grundlage einer Kapitalwertrechnung, liefert Dir Hinweise auf die möglichen wirtschaftlichen Resultate der geplanten digitalen Dienstleistung.

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Szenarioanalyse erstellen

 
Nachdem der Businessplan steht und die Wirtschaftlichkeit berechnet ist, gilt es für Dich, die zu erwartende Szenarien abzuleiten und einzuschätzen. Um eine realistische Entscheidungsgrundlage für oder gegen eine Umsetzung zu bekommen, nimmst Du eine Einteilung in Szenarien vor:
    • Best-Case
    • Realistic-Case
    • Worst-Case

Das gibt Dir bereits vor der Umsetzung wertvolle Informationen zu möglichen Maßnahmen, falls der Worst-Case eintreten sollte. Ein Decision Tree Modell kann Dir bei der Visualisierung von Szenarien helfen.

5.

Eine Entscheidung treffen

5.
Zur Entscheidungsfindung dienen der Verständnisprototyp, das ausgearbeitete Business Modell, die Rückmeldungen aus der Kundenbefragung sowie die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung und die Szenarioanalyse.
Wenn die Ergebnisse vielversprechend aussehen, geht das Projekt in die Phase eines Leuchtturmprojekts über.

6.

Den richtigen Partner wählen

6.
Da Unternehmen im Mittelstand oftmals das notwendige Know-How und personelle Ressourcen fehlen, um diese innovativen Methoden alleine umzusetzen, gilt es den richtigen Partner für die Entwicklung eines erfolgreichen digitalen Geschäftsmodells zu finden. Potenzielle Dienstleister:innen sollten auf jeden Fall:
    • Ein strategisches Verständnis für die Bedeutung digitaler Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen haben
    • Über fundiertes und nachweisbares Know-How zu der notwendigen Vorgehensweise und den benötigten Arbeitsweisen und Methoden verfügen
    • Sich Zeit nehmen Dich und Dein Unternehmen, die Kernkompetenzen und Alleinstellungsmerkmale sowie Deine Kunden und Herausforderungen zu verstehen
    • Das neue Geschäftsmodell im Gesamtkontext der Digitalisierung begreifen

Vor allem solltest Du auch nach einem langfristigen, strategischen Partner suchen, bei dem die gegenseitige Chemie stimmt.

Jetzt weißt Du, wie Du bei der Entwicklung eins digitalen Produkts oder Dienstleistung vorgehen kannst. Willst Du mehr über das Vorgehen oder einzelne Methode erfahren, dann melde Dich bei uns. Wir stehen Dir jederzeit mit unserem Netzwerk zur Seite.

Weitere Quellen und Hinweise:

Harvard Business Review (2019): „Digital Transformation Is Not About Technology“
Dark Horse Innovation (2016): Digital Innovation Playbook“
Osterwalder & Pigneur (2010): „Business Model Generation“
Schorlemmer (2020): „Wie das IIoT zukünftige Geschäftsmodelle von KMU im maschinellen Anlagenbau prägt“

Bildnachweise

Illustration by Freepik Storyset

Autor Patrick Schorlemmer

Hallo, ich bin Patrick Schorlemmer, Inhaber der Strategieberatung mittelstandpioniere. Als pragmatischer Partner begleite ich mittelständische Unternehmen strategisch bei der digitalen Transformation, der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und deren erfolgreicher Umsetzung und Vermarktung. Mit individuellen Lösungen, die wirklich zu Eurem Unternehmen passen - damit sich Euer Mut und Eure Investitionen langfristig auszahlen. Die Digitalisierung des Geschäftsmodells muss für unsere Kunden Mehrwerte schaffen, nachhaltig wirtschaftlich und umsetzbar sein. Als Dozent für digitale Transformation und Online-Marketing an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management teile ich mein Fachwissen und meine Erfahrungen aus der Praxis leidenschaftlich gerne mit meinen Studenten. Bei Fragen zur Digitalisierung Eures Unternehmens und der Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle stehe ich gerne für einen Austausch bereit - kostenlos und unverbindlich, sprecht mich an.


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